Orbán schüttet Füllhorn über Familien aus

Mit starken finanziellen Anreizen will Ungarns Regierung für höhere Geburtenraten sorgen. Nach Regierungsplänen soll jede Frau, die unter 40 Jahren erstmals heiratet, einen Kredit von umgerechnet rund 30.000 Euro erhalten. Mit jedem Kind, das sie bekommt, soll der Kredit zunächst gestundet und dann sukzessive erlassen werden. Wie sinnvoll ist solch eine Familienpolitik?

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Magyar Hírlap (HU) /

Ungarns Familienpolitik europaweit einmalig

Die Regierung Orbán hat sich in Sachen Familienförderung an Europas Spitze katapultiert, lobt Magyar Hírlap:

„Die national-christliche Regierung ist nicht nur in ihren Worten, sondern auch in ihren Taten familienfreundlich. Jahr für Jahr hat sie die Sozialleistungen für Familien erhöht und ausgeweitet. ... Heute werden bereits fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts für das wichtigste nationale Ziel - die Familienförderung - ausgegeben. Dies ist europaweit der höchste Wert. Das Ergebnis: Die Geburtenrate steigt wieder, ebenso die Zahl der Eheschließungen, während die Sterberate stagniert. Der von Orbán am Sonntag angekündigte Sieben-Punkte-Aktionsplan setzt nun sogar noch eins drauf.“

Polityka (PL) /

Die Ärmsten würden nicht profitieren

Die Förderung geht an den ärmsten Familien vorbei, merkt Polityka an:

„In Ungarn wurden sofort Stimmen laut, die das Familienpaket der rechten Regierung kritisierten. Es wird betont, dass die Vorschläge die ärmsten Bürger ignorierten: Durch Steuererleichterungen wird ihnen nicht geholfen, da sie ohnehin kaum Steuern zahlten. Auch können sie sich weder Wohnung noch Auto leisten oder einen Kredit zurückzahlen, selbst wenn der vom Staat subventioniert würde. Besonders viele der 750.000 ungarischen Roma befinden sich in einer solchen Situation. Auch ließen die Politiker unerwähnt, dass rund 600.000 Ungarn nach Westeuropa gezogen sind, was einer der Gründe für die Entvölkerung des Landes ist.“

Aftonbladet (SE) /

Frauen werden zurück an den Herd gedrängt

Ungarns Frauen sollten die staatlichen Wohltaten mit größter Vorsicht genießen, warnt Aftonbladet:

„Rechtspopulisten vertuschen, was diese Art von Unterstützung mit Frauen und ihrer Selbstständigkeit macht. Wie es beispielsweise einer Frau ergeht, die verlassen wird, sich aber den größten Teil ihres Erwachsenenlebens zu Hause um die Kinder gekümmert hat. ... Bei Demonstrationen protestieren mehr und mehr Frauen gegen den Mangel an Gleichstellung im Lande. Ungarn ist bereits für seine brutale Flüchtlingspolitik bekannt, für Muslimfeindlichkeit und für offenen Antisemitismus unter seinen Spitzenpolitikern. ... Genderstudien sind verboten worden, die Medien werden kontrolliert. Nun kommt der nächste Schritt: Nun wird die Rolle der Frauen verändert und die Uhr zurückgedreht.“