Litauen: Sowjetischer Ex-Minister verurteilt

In Litauen ist der sowjetische Ex-Verteidigungsminister Dmitri Jasow wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Das Gericht sprach ihn wegen seiner Rolle bei der blutigen Niederschlagung der Demonstrationen in Vilnius im Januar 1991 schuldig. Das Urteil fiel in Abwesenheit des heute 95-Jährigen. Sorgt es für Gerechtigkeit?

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Delfi (LT) /

Urteil gegen kommunistisches Regime

Für Delfi hat das Urteil hohen symbolischen Wert:

„Ähnlich wie bei den Nürnberger Prozessen war die Verhandlung im Fall '13. Januar' eher ein politischer als ein juristischer Akt. ... Rache oder realistische Strafen für die Täter waren nicht das Ziel. Es ging darum, Gerechtigkeit herzustellen und das unmenschliche, blutrünstige kommunistische Regime zu verurteilen. ... Die Bedeutung des Urteils wird auch nicht dadurch geschmälert, dass außer dem ehemaligen sowjetischen Verteidigungsminister, Dmitri Jasow, nur Soldaten verurteilt wurden, die aber keine Entscheidungsträger waren. ... Und auch nicht dadurch, dass Michail Gorbatschow, ohne dessen Absegnung das blutige Massaker nicht möglich gewesen wäre, seiner Verantwortung entgangen ist.“

Radio Kommersant FM (RU) /

Zunächst vor der eigenen Haustür kehren

Litauen sollte erstmal seine eigene Geschichte aufarbeiten, findet Viktor Loschak auf Radio Kommersant FM:

„Es ist komfortabel, Verbrecher in Russland zu suchen und die eigenen Henker zu vergessen. In der Fachliteratur fand ich den Satz: 'Die Anzahl von Nazi-Verbrechern, die Anfang des 21. Jahrhunderts in Litauen leben, ist höher als in jedem anderen Land Europas.' Tatsächlich haben die USA einige Male Litauer, die Gräueltaten begangen hatten, in ihre Heimat ausgewiesen, doch nicht einer von ihnen wurde dort verurteilt. ... Selbst nach dem Buch von [Autorin Rūta] Vanagaite [über die massive litauische Beteiligung an Gräueltaten] kann sich Litauen nicht dazu durchringen, klare Urteile über seine eigenen Kriegsverbrechen zu fällen. War es nötig, mit einem 95-jährigen russischen Marschall und Kriegsveteranen zu beginnen?“