Wer und was folgt auf Merkel?

Die Bundestagswahl im Herbst rückt näher - und damit nach fast 16 Jahren Merkel auch ein neues Gesicht im Kanzleramt. Armin Laschet, Olaf Scholz und Annalena Baerbock entlocken Europas Presse eher wenig Begeisterung - aber immerhin unterschiedliche Auffassungen darüber, ob trotzdem Aufbruchstimmung angebracht ist.

Alle Zitate öffnen/schließen
Financial Times (GB) /

Nicht mehr mit allen Wassern gewaschen

Im historischen Vergleich hatten es die aktuellen Kanzlerkandidaten zu leicht, findet Financial Times:

„Der Christdemokrat Helmut Kohl (1982-1998) wurde von den Linken als Landei verspottet. ... Nach ihm kam der kampflustige Sozialdemokrat Gerhard Schröder (1998-2005). Er wuchs mit Sozialhilfe auf und als Sohn einer Putzfrau, deren Mann nie aus dem Krieg zurückgekehrt war. ... Alle acht [bisherigen Kanzler] wurden durch Krieg und Härtelagen auf die Probe gestellt, bevor sie ins Amt kamen. Dass Armin Laschet, Olaf Scholz und Annalena Baerbock solche Strapazen nicht durchleben mussten, ist sicherlich ein Glück. Ob sie auch ausreichend auf die unbekannten Herausforderungen vorbereitet sind, vor denen der neunte Kanzler Deutschlands stehen wird, ist eine andere Frage.“

Népszava (HU) /

Europa wird in jedem Fall grüner

An den Grünen kommt man künftig weder in Deutschland noch in Europa vorbei, meint Népszava:

„Die Augen der Welt sind jetzt auf die deutschen Grünen gerichtet. ... Was kann eine neue deutsche Regierung, bei deren Bildung die Grünen wohl eine entscheidende Rolle spielen werden, bringen? Mit Sicherheit ein noch grüneres Europa. Ein offensichtliches Zeichen dafür war auch schon die Wahl zum Europäischen Parlament 2019. Die demokratischen Parteien des alten Kontinents haben sowieso keine andere Möglichkeit ... Die Wähler von morgen sind immer umweltbewusster und machen sich um die Zukunft immer größere Sorgen, die leider immer berechtigter sind.“

Jutarnji list (HR) /

Bloß keine Experimente

Im deutschen Wahlkampf setzt man letztlich auf Altbewährtes, analysiert Jutarnji list:

Armin Laschet wurde zum Nachfolger von Angela Merkel auserkoren, gerade weil er der ultrapopulären Kanzlerin am meisten ähnelt und ihre Politik am ehesten fortzusetzen versprach. ... Olaf Scholz, Laschets Hauptkonkurrent für den Kanzlerposten, war in zwei Regierungen unter Merkel Minister: Er stellt sicherlich kein neues Gesicht dar. Deshalb genoss die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock im Frühling große Popularität. ... Doch die Popularität schwand nach einer Reihe von Skandalen. ... Die Bürger sind sich der Alternativen nicht bewusst: Die Parteien haben unterschiedliche Programme, aber darüber wird kaum diskutiert. Die Öffentlichkeit ist mehr mit Corona und den Überschwemmungen beschäftigt.“