Johnson: Höhere Sozialabgaben für Gesundheit

Der britische Premier Boris Johnson hat eine Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge um 1,25 Prozent angekündigt, um dem überlasteten Gesundheitssystem mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Damit bricht die konservative Regierung ihr Wahlversprechen, Steuerzahler nicht stärker zur Kasse zu beten. Was werden die Wähler dazu sagen?

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The Guardian (GB) /

Dringend nötig

Die zusätzliche Abgabenbelastung ist angesichts der Probleme im Gesundheitssystem gerechtfertigt, lobt The Guardian:

„Die beste Nachricht vom Dienstag ist das Finanzielle: Etwa zwölf Milliarden Pfund pro Jahr, die in jedem der folgenden drei Jahre zwischen den beiden Bereichen Gesundheit und soziale Fürsorge aufgeteilt werden. Das wird bei der breiten Masse vermutlich auf große Zustimmung stoßen. Umfragen zeigen, dass die Öffentlichkeit bereit ist, mehr Steuern für eine bessere Versorgung zu zahlen. Und der Gesundheitsdienst NHS braucht das Geld dringend, weil die Wartelisten für Behandlungen in England länger sind als je zuvor.“

The Daily Telegraph (GB) /

Ohne Reform wird NHS alle Gelder verschlingen

Höhere Abgaben wären nur bei gleichzeitiger Reform und Verbesserung des Gesundheitssystems gerechtfertigt, ärgert sich The Daily Telegraph:

„Da es an echten Ideen fehlt, droht uns die schlechteste Kombination: Auf der einen Seite eine wirtschaftlich schädliche Steuererhöhung, die bald niemand mehr gutheißen wird, wenn ihre wahren Auswirkungen klar werden. Auf der anderen Seite ein nicht reformierter Gesundheitsdienst NHS, der alles, was er kriegt, verschlingen und noch mehr fordern wird. Langfristig wird dies nicht nur junge Arbeitnehmer und jene Konservativen verärgern, die möglichst wenig staatlichen Einfluss wollen, sondern auch die breite Masse, die immer stärker besteuert wird, obwohl es kaum spürbare Besserungen im Gesundheits- und Sozialwesen gibt.“

Neue Zürcher Zeitung (CH) /

Von den Armen nehmen, den Reichen geben

Die Neue Zürcher Zeitung kritisiert Johnsons Pläne als unfair:

„Mit der ihm eigenen Chuzpe respektiert er sein Wahlversprechen an wohlhabende Senioren, betrügt aber das Vertrauen der arbeitenden Schichten durch höhere Sozialabgaben. Arbeitnehmer müssen nun jährlich einige hundert Pfund mehr von einem Durchschnittslohn an den Staat abgeben, damit auch pflegebedürftige Millionäre ihr Eigenheim an die Kinder vererben können. ... Die nun vorgelegte Pflegereform ist geradezu ein Affront gegenüber den unteren Gesellschaftsschichten, die ihm angeblich so am Herzen liegen und die er für einen erneuten Wahlsieg braucht. Die Widersprüche werden offensichtlicher.“