Das war 2021: Rückblick auf das zweite Corona-Jahr

Das Jahr begann hoffnungsvoll: Zwar befand sich Europa mitten in der zweiten Corona-Welle, doch dank mehrerer frisch zugelassener Impfstoffe schien ein Ende der Pandemie absehbar. Ein Jahr später kommt es durch neue Mutationen auch in Ländern mit hoher Impfquote zu Infektions-Rekordwerten - die Ungewissheit dominiert. Kommentatoren beobachten drastische Einschnitte, aber auch Zeichen, die Mut machen.

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Profil (AT) /

Die Welt rückt in einem Tropfen zusammen

Die internationale Zusammenarbeit wurde auf ein neues Niveau gehoben, hebt Profil hervor:

„Während abseits von seltenen Ausnahmen wie Weltkriegen und Meteoriteneinschlägen üblicherweise lokale Sachverhalte die Emotionen der Menschen determinieren, geriet das in dieser jüngsten Vergangenheit anders. Corona machte die Welt erstmals überhaupt zu einer Schicksalsgemeinschaft. ... Wissenschafter von China über Deutschland bis in die USA kooperieren. Nur so konnte über die Entschlüsselung des Virusgenoms, das daraus resultierende Rezept für Vakzine und deren Produktion eine Eindämmung der Pandemie erreicht werden. Wiederum weltweit umspannend vernetzte sich die Wissenschaft dabei mit Industrieproduktion und Verteilungslogistik. Die Welt in einem Tropfen Flüssigkeit. Buchstäblich.“

To Vima (GR) /

Unbeschwertheit ist uns abhanden gekommen

Die "neue Normalität" mit Covid-19 hat die Leichtigkeit des Seins vertrieben, beklagt To Vima:

„Die Briten verwenden einen kurzen Begriff, der die Veränderung, die stattgefunden hat, auf den Punkt bringt: 'new normal'. ... Und diese Normalität hat einen klaren Namen: Unsicherheit. … Unbeschwertheit scheint ein Ding der Vergangenheit geworden zu sein. Das Ergebnis ist, was die meisten Menschen nicht einmal sich selbst eingestehen wollen: ein Gefühl der Depression, das jeder anders erlebt.“

Contributors (RO) /

Globale Psychose statt Klarheit

Der Pluralismus hat Schaden genommen, bedauert der Politologe Ioan Stanomir auf Contributors:

„Das Individuum wird als unreif und irrational angesehen, daher muss man einen Zwangsrahmen entwickeln, um sein Verhalten zu regulieren. Jede offene Skepsis wird als Symptom einer intellektuellen Pathologie behandelt. Die öffentliche Konversation ist unterbrochen, es dominiert ein hysterischer Dialog zwischen apokalyptischen Ängsten und globalen Verschwörungsfantasien. Zwischen diesen Extremen scheint es nichts anderes mehr zu geben. Unter der Oberherrschaft des Staates und der globalen Psychose fehlt die Klarheit. Das Verschwinden eines authentischen Gesprächs unter Bürgern ist ein Zeichen für die Schwächung des Pluralismus.“

hvg (HU) /

Die Bildung droht hinterherzuhinken

Die Komplexität der Welt überfordert immer mehr Menschen, konstatiert hvg-Journalist Árpád Tóta W.:

„Eine neue Epoche der Aufklärung wird kommen - das habe ich am Anfang der Pandemie geschrieben, und darauf habe ich gehofft. Denn alleine die Wissenschaft kann die Gefahr, die uns droht, beschreiben und Schutz vor ihr bieten. ... Doch warum bleiben falsche Überzeugungen so anziehend? Die Welt ist erschreckend kompliziert geworden. ... Die Massen und die Wissenschaft haben sich hundert Jahre lang miteinander bewegt: Technische Entwicklungen und die Verbreitung der Bildung gingen glücklicherweise Hand in Hand. Bis jetzt konnte die Bildung mithalten.“

Corriere del Ticino (CH) /

Ein Lob auf die Geduld der Bürger

Freiheitsliebende Demokratien haben ihre Widerstandskraft bewiesen, lobt Corriere del Ticino:

„In unvorhergesehenen Schwierigkeiten geben die Gemeinschaften mit dem stärksten Zusammenhalt, die sich auf ihre Grundsätze von Freiheit und Verantwortung stützen, ihr Bestes. Während die Omikron-Variante Krankenhäuser plagt und in Europa zu neuen und verwirrenden Beschränkungen führt, könnten wir uns allen eine kleines - therapeutisches - Geschenk machen: die Feststellung, wie diszipliniert und geduldig nämlich die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung ist. Und dies umso mehr, je höher die Transparenz der Information, je ausgeprägter der Bürgersinn und je besser das Niveau der wissenschaftlichen Bildung sind. Angesichts eines unbekannten Feindes haben Medizin und Forschung Außergewöhnliches geleistet (dank der verhassten Big Pharma).“