Lawrow und Macron im Wettlauf um Afrikas Gunst

Russlands Außenminister Lawrow hat auf seiner Afrikareise Ägypten, Äthiopien, Uganda und die Republik Kongo besucht und dort die Sichtweise vertreten, dass der Westen die Schuld für die durch den Krieg in der Ukraine ausgelöste Lebensmittelkrise trägt. Macron bereist Kamerun, Benin und Guinea-Bissau, um die "Beziehung zwischen Frankreich und dem afrikanischen Kontinent" zu erneuern. Wer hat die Nase vorn?

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Kommersant (RU) /

Großmacht-Poker wie einst im Kalten Krieg

Das aktuelle Tauziehen um Einflusszonen erinnert Kommersant an altbekannte Muster:

„Noch vor Kurzem schien es, als würden die Zeiten des globalen Ringens der beiden Supermächte nie zurückkehren, zu denen man in der Auslandsabteilung des ZK der KPdSU jeden Morgen auf eine bunte politische Afrika-Karte starrte, auf der die Länder 'sozialistischer Prägung' und die sich in der westlichen Einflusszone befindlichen Länder eingetragen waren. Man betrachtete die Karte und überlegte, wen man einladen und wem man Geld geben, etwas bauen oder Militärhilfe leisten sollte, um so die Ausbreitung des 'Neokolonialismus' und 'Neoimperialismus' aufzuhalten. ... Der Kampf um Afrika im Rahmen eines Kalten Kriegs 2.0 wird nun zur neuen Realität.“

Le Temps (CH) /

Afrika lässt sich nicht mehr instrumentalisieren

Die afrikanischen Staaten wollen sich hinter keine Großmacht mehr stellen, erklärt Togos Außenminister Robert Dussey in einem Gastbeitrag für Le Temps:

„[Die Großmächte] versuchen meist, die Afrikaner dazu zu bringen, sich ihrem 'Narrativ' anzuschließen, damit sie sich für die eine und gegen die andere Seite aussprechen – eine utilitaristische diplomatische Logik. Geht es um die Verabschiedung einer Resolution im Sicherheitsrat, werden wir von beiden Seiten aktiv umworben und von einigen Partnern wird Afrika sogar unter Druck gesetzt. Diese Einstellungen und Praktiken entstammen einer anderen Zeit. Afrika ist sich mittlerweile seiner eigenen Verantwortung bewusst geworden. Es spricht zunehmend mit eigener und geeinter Stimme.“

24tv.ua (UA) /

Die Fakten widerlegen die Kreml-Propaganda

Dass Russland nicht offen kommuniziert, werden die afrikanischen Gesprächspartner schnell bemerken, glaubt der Journalist Vitali Portnikow auf 24tv.ua:

„Man fragt sich, wie Sergej Lawrow seine afrikanischen Gesprächspartner davon überzeugen will, dass ihnen wegen Russland keine Hungersnot droht, wo doch tags zuvor, also noch vor seinem Besuch und bereits nach der Unterzeichnung der Vereinbarungen in Istanbul über die Freigabe der ukrainischen Getreidelieferungen, die russischen Streitkräfte den Hafen von Odessa angegriffen haben und Moskau [zunächst] nicht einmal ansatzweise die Beteiligung an diesem Verbrechen zugeben wollte.“

Iswestija (RU) /

Kolonialvergangenheit des Westens hilft Moskau

Iswestija sieht Russland in Afrika auf der Gewinnerstraße:

„Der sowjetische antikoloniale Background verleiht der russischen antiwestlichen Rhetorik Überzeugungskraft. ... Die ehemaligen Kolonialmächte sind sichtlich nervös, besonders die Franzosen. Als Paris noch den Löwenanteil des Kontinents kontrollierte, war Russland nicht einmal am Horizont auszumachen. Jetzt hat sich Russland, die Europäer schrittweise verdrängend, in der Zentralafrikanischen Republik, in Mali und anderen frankophonen Ländern des Kontinents 'eingegraben'. Wenn Russland dabei früher noch von seinem Bemühen gebremst wurde, die Beziehungen zum Elysée-Palast nicht zu belasten, beschränkt Moskaus Afrika-Aktivitäten nun nichts mehr.“

La Repubblica (IT) /

Die Krümel von Lawrow

Der Westen hinkt Moskau hinterher, klagt La Repubblica:

„Lawrow ist mit seiner Afrika-Kampagne auf fruchtbaren Boden gestoßen. Fünfundzwanzig afrikanische Länder haben sich bei der UN-Resolution zur Verurteilung der Invasion in der Ukraine der Stimme enthalten. ... Die Reaktion des 'kollektiven Westens' erfolgt langsam und verspätet. Macron ist in Westafrika unterwegs, der US-Sonderbeauftragte für das Horn von Afrika Mike Hammer reist nach Ägypten und Äthiopien. Das Risiko besteht darin, dass sie nur noch die Krümel von den von Lawrow versprochenen Getreidelieferungen aufsammeln können. Das Echo der russischen Raketen auf die Depots in Odessa, unmittelbar nach dem Abkommen von Istanbul, erreichte Afrika nicht.“

Le Figaro (FR) /

Nur Paris hat ein aufrichtiges Interesse

Auf Dauer wird sich zeigen, dass Frankreich der zuverlässigere Partner ist, meint Le Figaro:

„Andere Mächte wie China, Russland und die Türkei interessieren sich ebenfalls für Afrika. Sie freuen sich, wenn sie die Franzosen verdrängen können. Doch trotz der altruistischen Fassade gelingt es ihnen kaum, ihre eigentlichen Ziele zu verbergen. Die Afrikaner werden ihr Spiel irgendwann durchschauen. ... Frankreich ist die einzige Macht, die aufrichtig an einer erfolgreichen Entwicklung Afrikas interessiert ist. ... Das liegt auch in Frankreichs eigenem Interesse. Man hat verstanden, dass im Falle eines Scheiterns der afrikanischen Landwirtschafts- und Städtepolitik Millionen von Migranten in Richtung Mittelmeer aufbrechen werden.“