Friedensnobelpreis geht nach Kyjiw, Minsk und Moskau

Den diesjährigen Friedensnobelpreis erhalten Vorkämpfer für die Menschenrechte in Belarus, Russland und der Ukraine: Ausgezeichnet werden der gegenwärtig in Belarus inhaftierte Menschenrechtler Ales Beljazki, die vom russischen Staat unlängst aufgelöste und verbotene Organisation Memorial und das ukrainische "Zentrum für Bürgerfreiheiten". Was ist die Botschaft dieser Preisverleihung?

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Libertatea (RO) /

Völker lassen sich nicht in Gut und Böse teilen

Der aus der Ukraine stammende Schriftsteller Vasile Ernu begrüßt in Libertatea, dass der Preis an alle drei Seiten gegangen ist:

„Es ist eine der klügsten und präzisesten Entscheidungen zur Bekämpfung von Versuchen, Völker generell in Gut und Böse zu teilen. Die Entscheidung kommt in einem wichtigen Moment, um dem in Mode gekommenen unmenschlichen Diskurs entgegenzuwirken, dass es unter 'bösen Völkern' keine guten, anständigen und wichtigen Leute gibt. Die Entscheidung zeigt uns, dass es nicht nur Persönlichkeiten gibt, sondern auch Organisationen, organisierte Gruppen, die sich in autoritären, diktatorischen Ländern für Rechte einsetzen und die die Stärke haben, inmitten des Krieges für Freiheit und Frieden zu kämpfen.“

NRC (NL) /

Ein Symbol der Hoffnung

Der Friedensnobelpreis ist ein Ausdruck von moralischer Unterstützung für bedrängte Menschenrechtsorganisationen, würdigt NRC Handelsblad:

„Das Nobelkomitee erkennt den Mut und die Durchsetzungskraft an, die im Kampf gegen diese Autokraten [Putin und Lukaschenka] nötig sind. Alle drei Preisträger werden zur Zeit schwer auf die Probe gestellt und können moralische Unterstützung gut gebrauchen. ... Es ist vermutlich klug, nicht die Illusion zu haben, dass diese Anerkennung tatsächlich etwas ändern wird. ... Aber das schmälert die Bedeutung des Nobelpreises nicht. Es ist doch vor allem ein weltweites, dringend notwendiges Symbol der Hoffnung.“

Konstantin Sonin (RU) /

Der Kreml kann "Memorial" nicht auslöschen

Memorial ist zugleich Friedensnobelpreisträger und in Russland verboten - was laut Wirtschaftsprofessor Konstantin Sonin auf Facebook kein Widerspruch ist:

„Bekanntlich wird der Nobelpreis nicht posthum verliehen. ... Bei der Verleihung des Preises an Memorial betonte das Komitee, dass es keinen Zweifel daran gibt, dass Memorial lebt und existiert. ... Putins Pseudo-Legalismus - wenn willkürliche und illegale Entscheidungen mit etwas Papierkram als 'legal' deklariert werden - ist tief in die Köpfe der Bürger eingedrungen. ... Es gibt prinzipiell kein Staatsorgan, weder in Russland noch anderswo, das entscheiden könnte, dass es Memorial nicht gibt. Damit dem so wäre, müsste man nicht nur die aktuellen Mitarbeiter, sondern alle umbringen, denen das Erinnern, Russland, Recht und Freiheit teuer sind.“