Italien lässt Hunderte Flüchtlinge nicht an Land

Die neue italienische Regierung setzt auf Härte in der Migrationspolitik und verweigert Flüchtlingen von Rettungsschiffen die Aufnahme. Minderjährige und Kranke beispielsweise des deutschen Schiffs Humanity 1 durften zwar an Land gehen. Alle anderen sollen aber von den Staaten, unter deren Flagge die Schiffe fahren, versorgt werden, forderte Innenminister Matteo Piantedosi. Gibt es eine Lösung?

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Aargauer Zeitung (CH) /

Ergebnis mangelnder Solidarität

Die Abwehrhaltung der italienischen Regierung ist zum Teil nachvollziehbar, meint die Aargauer Zeitung:

„Auch unter Melonis Vorgänger Mario Draghi mussten die NGO-Schiffe mitunter sehr lange auf die Zuweisung eines Hafens warten. … Italien, das mit Abstand die meisten Bootsflüchtlinge aufnimmt, sieht nicht ein, warum Deutschland, Norwegen, Spanien und andere europäische Länder nicht wenigstens diejenigen Flüchtlinge aufzunehmen bereit sind, die von Schiffen gerettet werden, die unter ihrer Flagge operieren. Gäbe es zumindest diese Minimal-Solidarität auf EU-Ebene, müsste kein Schiff mehr auf die Zuweisung eines Hafens warten, auch unter Meloni nicht.“

Corriere della Sera (IT) /

So löst man das Problem jedenfalls nicht

Die Flüchtlinge nicht an Land zu lassen, um Deutschland unter Druck zu setzen, wird nicht funktionieren, erläutert Corriere della Sera:

„Die deutsche Regierung ändert ihre Position nicht und bleibt in der Frage der noch im Hafen von Catania oder vor der sizilianischen Küste gestrandeten Flüchtlinge hartnäckig. ... Ohne die Voraussetzung, dass alle Flüchtlinge an Land gelassen werden, gibt es derzeit kein Angebot von deutscher Seite, neue Flüchtlingskontingente aus Italien aufzunehmen. ... Nachhaltige Fortschritte können nur im Rahmen einer Reform des gemeinsamen europäischen Asylsystems erzielt werden, die 'ein Gleichgewicht zwischen Verantwortung und Solidarität gewährleistet'.“

Avvenire (IT) /

Auf Kosten der Schwächsten

Avvenire verurteilt Melonis Migrationspolitik:

„An der politisch-medialen Front ist der Flüchtlingsnotstand wieder da. Die neu eingesetzte Regierung Meloni hat den Krieg gegen die europäischen Partner und NGOs , ein Steckenpferd von [Lega-Chef] Salvini, sofort wieder aufgenommen. ... Die neue Regierung versucht, eine souveräne Identitätslinie bei Themen durchzusetzen, die sie für populär, leicht kommunizierbar, wirtschaftlich kostengünstig und propagandamäßig von hohem Ertrag hält. Allerdings auf Kosten der Schwächsten, die durch eine zynische und skrupellose Politik abserviert werden.“

Magyar Nemzet (HU) /

Europa will Ordnung

Die regierungsnahe Magyar Nemzet sieht Einwanderung per se als Bedrohung:

„Obwohl klar geworden ist, dass die Unterstützung der Migration ein Sicherheitsrisiko darstellt, konzentrierten sich die liberalen Eliten Europas allein darauf, dass Meloni im Tiefsten ihres Herzens wohl Faschistin ist. Es ist also egal, wie viele Menschen bei einem Terroranschlag sterben, wie viele Städte durch die Aktivitäten krimineller Banden ausländischer Herkunft unbewohnbar gemacht werden. ... Sogar eine schlechte, schwache und korrupte Regierung ist gut, wenn sie liberale Argumente vorbringt. Freilich wird das langfristig nicht funktionieren, gerade Melonis Erfolg ist der Beweis dafür. ... Europa will Ordnung, keine Regenbogen-Abzeichen.“