Rede von Biden: Was bedeutet sie für Europa?

Bei seiner Rede zur Lage der Nation hat US-Präsident Joe Biden einen besonderen Schwerpunkt auf die wirtschaftliche Situation des Landes gelegt. In den ersten zwei Jahren seiner Amtszeit seien zwölf Millionen neue Jobs entstanden, erklärte der Demokrat. Die Republikaner rief er zur Zusammenarbeit auf, um künftige Projekte umzusetzen. Europas Presse kommentiert vor allem die protektionistischen Maßnahmen Bidens.

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Jyllands-Posten (DK) /

"America first" bedroht hiesige Wirtschaft

Die positiven Daten zur Lage in den USA hinterlassen diesseits des Atlantik einen fahlen Beigeschmack, betont Jyllands-Posten:

„Natürlich ist es erfreulich, dass so viele Amerikaner in Arbeit sind und die USA offenbar die Energiekrise wie auch die Umwälzungen infolge des Krieges in der Ukraine gut gemeistert haben. Getrübt wird die Freude allerdings dadurch, dass eine Mehrheit im Kongress Maßnahmen befürwortet, die sich gegen Europas Wirtschaft richten. Gleiches gilt für Gesetze, wonach mit massiven Subventionen die Entwicklung und Produktion von Mikrochips in den USA gefördert werden soll. ... Bei allen diesen Maßnahmen, die direkt oder indirekt auf Subventionen beruhen, haben sich die USA nicht die Mühe gemacht, ihre Verbündeten einzubeziehen.“

Handelsblatt (DE) /

Neue Konflikte nur eine Frage der Zeit

Die Washington-Korrespondentin des Handelsblatts, Annett Meiritz, analysiert Bidens Grundhaltung:

„Noch vor einigen Monaten trat Biden im Streit um den Inflation Reduction Act konziliant auf und betonte, man habe europäische Partner nicht vor den Kopf stoßen wollen. Inzwischen sagt er: 'Ich werde mich nicht dafür entschuldigen, dass wir investieren, um Amerika stark zu machen.' Das ist ein Satz, den man sich in Europa merken muss. Protektionismus ist und bleibt Bidens Konstante, auch in einer möglichen zweiten Amtszeit. ... Kein Präsident und keine Präsidentin wird davon in absehbarer Zeit abrücken. Neue Konflikte im transatlantischen Verhältnis sind nur eine Frage der Zeit.“

La Vanguardia (ES) /

Schlechtes Image widerlegt

Biden braucht solche kraftvollen Worte, meint La Vanguardia:

„Biden haftet das Image an, alt und ungeeignet für die Führung des Landes zu sein, was er in seiner Rede zu widerlegen versuchte. Er tat dies mit gewichtigen Argumenten: In den ersten zwei Jahren seiner Amtszeit wurden Hunderte von Gesetzen verabschiedet und zwölf Millionen Arbeitsplätze geschaffen, ein Rekord seit 1969. ... Trumps Slogan 'Make America great again', füllte er mit Inhalt: Alle Materialien, die für große Infrastrukturprojekte verwendet werden, sollen künftig im Lande hergestellt werden. ... Neben diesem Protektionismus lancierte er soziale Botschaften wie die Erhöhung der Steuern für große Vermögen. ... Kurzum, Biden zeigte mehr Elan als sonst und hielt eine kraftvolle Rede.“