Jubiläum: 160 Jahre Sozialdemokratie in Deutschland

Die SPD feiert ihren 160. Geburtstag und ist damit die älteste Partei Deutschlands. Bundeskanzler Olaf Scholz erklärte beim Festakt, für eine Gesellschaft des Respekts kämpfen zu wollen und bezeichnete den klimagerechten Umbau der Wirtschaft als historische Aufgabe. Kommentatoren fragen sich, warum die "alte Tante" SPD bei der Wählerschaft immer weniger punkten kann.

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Neue Zürcher Zeitung (CH) /

Grau und sprachlos

Wegen ihrer Anbiederung an die Grünen verprellt die SPD die Wähler der Mitte, meint die Neue Zürcher Zeitung:

„Irgendwo auf dem steilen Karrierepfad muss Scholz die Vorstellung davon abhandengekommen sein, wozu er dieses Amt eigentlich hatte haben wollen - denn seine Kanzlerschaft ist mindestens so grau und sprachlos wie die von Merkel. ... Die SPD ... unterwarf sich vielmehr dem Öko-Narrativ und adoptierte gleich auch noch die gesellschaftspolitischen Lieblingsthemen der Grünen, zum Beispiel 'Antirassismus' oder 'Queerpolitik'. Die ergrünte Sozialdemokratie verschreckt allerdings die Wähler der Mitte, um die sich Ex-Kanzler Schröder einst erfolgreich bemüht hatte.“

Večernji list (HR) /

Die Arbeiter verraten?

Die Sozialdemokratie verliert stetig an Einfluss und Mitgliedern in ganz Europa, stellt Večernji list fest:

„Vom Zerfall der europäischen Sozialdemokratie profitierten vor allem die Parteien der neuen Linken, die in einer Reihe europäischer Länder aufgetaucht sind, vor allem in denjenigen, die die Finanz- und Schuldenkrise erlebt haben. Die sozialdemokratischen Parteien haben in den letzten Jahrzehnten den bisherigen Kernthemen und ihren traditionellen Wählern, den Arbeitern, den Rücken gekehrt und es in der Zwischenzeit nicht geschafft, neue zu finden. Deshalb verlieren die Sozialdemokraten im Moment ihre Hochburgen selbst im traditionell sozialdemokratischen Skandinavien, während sie im Rest Europas lediglich in Deutschland und auf der Iberischen Halbinsel an der Macht sind.“

Der Tagesspiegel (DE) /

Mehr Visionen wagen

Die SPD ist ein bisschen langweilig geworden, findet der Tagesspiegel:

„Wo bloß ist der utopische Überschuss geblieben? Wo sind die einst beliebten Ausflüge ins Luftreich der Träume? Angesichts eines Kanzlers, der mehr Staatsnotar als Führungsfigur ist, verkümmert der Charakter als Programmpartei. ... Mehr denn je braucht sie Konzepte, mit denen sie Zuversicht für die Zukunft wecken, sich selbst begeistern kann. Sie darf dafür auch über scheinbar verwegene Vorstellungen streiten und, ja, mehr Visionen wagen. Pragmatismus und das Kanzleramt, das mag der CDU genügen. Für die SPD ist das eindeutig zu wenig.“