St. Petersburg: Russland lädt zum Afrika-Gipfel

In St. Petersburg läuft ein zweitägiger Russland-Afrika-Gipfel. Delegationen aus 49 Ländern nehmen teil – rund die Hälfte davon angeführt von Staats- und Regierungschefs, deutlich weniger als vor vier Jahren beim ersten Gipfel dieser Art in Sotschi. Im Zentrum der Beratungen steht das von Moskau nicht verlängerte Getreideabkommen mit der Ukraine. Warum und womit umwirbt Präsident Putin Afrika?

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Delo (SI) /

Putin kauft mit Brot guten Willen

Moskau wird sechs afrikanischen Ländern je zwischen 25.000 und 50.000 Tonnen Getreide spenden. Delo sieht dies als erfolgversprechenden Zug in der politischen Beziehungspflege:

„Mit dieser Geste des guten Willens will Moskau versuchen, seinen Status auf dem afrikanischen Kontinent zu festigen und gleichzeitig die Sorgen der afrikanischen Länder über die Folgen des Rückzugs Russlands aus dem Getreideabkommen zu zerstreuen. ... Trotz Kritik wird erwartet, dass dieser russische Schritt auf fruchtbaren Boden fällt, insbesondere in Ländern, zu denen Moskau gute Beziehungen unterhält.“

The Times (GB) /

Afrika braucht Russland nicht

Der Einfluss des Kreml in dieser Weltregion sollte nicht überschätzt werden, meint The Times:

„Moskau warf dem Westen vor, den Afrika-Gipfel sabotieren zu wollen. Zweifelsohne haben westliche Staats- und Regierungschefs die dortigen Staaten vor den Risiken gewarnt, wenn diese Putin die Tür öffnen. Aber die Afrikaner selbst können klar sehen, wo ihre Interessen liegen. Ihre Reaktion auf Moskaus Schmeicheleien wird pragmatisch sein. Afrika ist in der G20-Gruppe und in der globalen Wirtschaftsentwicklung von wachsender Bedeutung. Der Kontinent braucht weder Moskau als Fürsprecher noch sieht er einen Handschlag in St. Petersburg als Garantie für die Erreichung seiner Ziele.“

Radio Kommersant FM (RU) /

Kontinent der letzten Hoffnung

Radio Kommersant FM sieht das Werben des Kremls um Afrika als Notlösung zum Aufbrechen der internationalen Isolation:

„Während in St. Petersburg das Fest der russisch-afrikanischen Freundschaft stattfindet, besucht Verteidigungsminister Sergej Schoigu Nordkorea. .... Offensichtlich soll der unfreundliche Westen all dies bewusst zur Kenntnis nehmen: 'Meine Damen und Herrn, mit Ihrem Boykott wird das nichts.' ... Früher haben wir uns dem Osten zugewandt und jetzt dem globalen Süden. In Sachen Westen ist es eindeutig und mit Lateinamerika irgendwie kompliziert. Es bleiben nicht viele Orte auf der Welt, an die wir uns wenden könnten.“

Frankfurter Allgemeine Zeitung (DE) /

Nichts Substanzielles zu bieten

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung fragt sich, was Russland den Afrikanern eigentlich präsentieren will:

„Destruktive Hilfe wie den 'Export' von Wagner-Söldnern samt umfangreichen Waffenlieferungen wie nach Mali hat Putin immer im Angebot. Aber nicht nur im Vergleich zum Westen, sondern vor allem im Vergleich zu China wirkt das, was Russland den Afrikanern in Aussicht stellt, ziemlich dünn. Und so wird die Veranstaltung in Sankt Petersburg innerhalb Russlands zwar sicher zum Propagandaerfolg, weil der Präsident sich auf einer internationalen Bühne präsentieren kann. Substanziell allerdings kann auch die schönste Inszenierung im Glanze von Palästen aus der Zarenzeit nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Gastgeber ein Land auf absteigendem Ast repräsentiert.“

Iswestija (RU) /

Als Handelspartner unbedeutend

Aktuell ist die wirtschaftliche Verflechtung Russlands mit Afrika geringfügig und überaus exportorientiert, konstatiert Wladimir Strojew, Rektor der Staatlichen Universität für Management, in Iswestija:

„Auf unser Land entfallen weniger als ein Prozent der ausländischen Direktinvestitionen in Afrika und zwei Prozent des dortigen gesamten internationalen Handels. Zudem ist der Handelsumsatz Russlands mit Afrika um ein Vielfaches geringer als jener der USA, Chinas oder der EU. Die Handelsbilanz ist extrem asymmetrisch: Russland exportiert vor allem Getreide (und in geringerem Maße Brennstoffe) in eine kleine Gruppe von Ländern - vor allem Algerien und Ägypten, aber auch Kenia, Nigeria, Sudan, Tansania und Südafrika. Und Russland importiert achtmal weniger Waren aus Afrika als es dorthin exportiert.“

Novinky.cz (CZ) /

Putins Getreide-Heuchelei

Afrikanische Länder, die unter der Verknappung des Getreideangebots leiden, sind Opfer der russischen Politik, urteilt Novinky.cz:

„Dennoch hat der russische Präsident Wladimir Putin die Kühnheit, vor dem bevorstehenden Russland-Afrika-Gipfel zu sagen: 'Russland wird seine energischen Bemühungen fortsetzen, Afrika mit Getreide, Nahrungsmitteln, Düngemitteln und anderen Gütern zu versorgen.' Diese energischen Bemühungen Russlands zielen aber nicht auf eine Erneuerung des Abkommens über den Export von ukrainischem Getreide ab, was zu einem Sinken der Getreidepreise führen würde. Stattdessen greift Russland energisch die ukrainischen Häfen und Getreidelager an, sodass es nichts zum Exportieren gibt.“

Le Figaro (FR) /

Moskau erhöht die Abhängigkeit

Putin versucht seinen Einfluss durch Getreideversprechen aufrechtzuerhalten, beobachtet Le Figaro:

„Am Vortag des Gipfels erinnerte er daran, dass Moskau Afrika seit jeher in seinem 'Kampf für die Befreiung vom Kolonialjoch' unterstützt habe, ohne sich jemals in Regierungsfragen einzumischen. Und paradoxerweise hat er sich ein letztes Druckmittel verschafft, indem er die Abhängigkeit Afrikas von russischem Getreide betonte: Er versprach, den schwächsten Ländern mit Getreide- und Düngemittelspenden zu helfen. Die treuesten Partner werden zuerst bedient!“