Südafrika: Was steckt hinter Trumps “Genozid”-Vorwurf?

Bei einem Treffen im Weißen Haus hat US-Präsident Donald Trump seinem Amtskollegen Cyril Ramaphosa vorgeworfen, in Südafrika würden weiße Farmer systematisch ermordet. Das vorgelegte "Beweismaterial" ist umstritten, ein Standfoto stammt nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters von einem Video über ein Massenbegräbnis in der Demokratischen Republik Kongo. Europäische Kommentatoren ordnen ein.

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De Volkskrant (NL) /

Die Wahrheit mit Füßen getreten

De Volkskrant kritisiert, dass der US-Präsident übelste Desinformation betreibt:

„Es passt ins Muster, dass er den südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa vergangene Woche im Weißen Haus mit einer völlig erfundenen Geschichte von einem 'Völkermord' an weißen Südafrikanern abkanzelte. ... Der US-Präsident macht nun eine frei erfundene rassistische Verschwörungstheorie zum Gegenstand seiner Außenpolitik. Das ist schlimmer als der Einsatz von Desinformationen, wie die Welt es von ihm gewohnt ist. Das ist extrem rechte Desinformation. ... Für die radikal oder gar extrem rechte internationale Bewegung ist die Wahrheit keine Grundvoraussetzung. Leider ist auch der US-Präsident Teil dieser Bewegung.“

La Vanguardia (ES) /

Unklare Haltung zur Apartheid

Laut La Vanguardia zeigt Trumps Provokation, wie sehr sich die neue Rechte von liberalen Werten entfernt hat:

„Trump ist von Leuten umgeben, die von Südafrika besessen sind (Elon Musk, David Sacks, Peter Thiel). Ihre Haltung zur Apartheid ist unklar, und sie sagen auch nicht offen, was sie sich für die USA wünschen, ein Land, in dem die Rassenfrage latent präsent ist. ... Die Provokation des US-Präsidenten macht ungewollt eine Sorge um die Zukunft der weißen Minderheit in den USA deutlich, wo 'Nicht-Weiße' bald die Mehrheit bilden werden. Und sie entspricht den Werten der neuen Rechten, die sich von der liberalen Idee, aus der sie sich entwickelt hat, entfernt.“

Le Temps (CH) /

Eine Demütigung für Washington

Trump entwürdigt die USA und schadet der Demokratie, urteilt Le Temps:

„Wie schon bei Wolodymyr Selenskyj glaubten einige Kommentatoren, in dieser Inszenierung eine Demütigung Cyril Ramaphosas zu erkennen. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Jede dieser Konfrontationen mit 'befreundeten' Staaten, jedes dieser Eingeständnisse der Schwäche gegenüber Diktaturen vervollständigt Tag für Tag das Bild der Demütigung der USA in den Augen der restlichen Welt – und zerstört das Vertrauen in die demokratischen Systeme noch etwas mehr. Am Mittwoch war es Südafrika, das die Ehre gerettet hat.“