Hält die Waffenruhe in Gaza?

Israel und die Hamas haben sich gegenseitig vorgeworfen, die Waffenruhe gebrochen zu haben. Beide berichteten von Angriffen und Toten. Sonntagabend meldete Israels Militär, es werde die Kämpfe einstellen, und warnte zugleich, auf weitere Verstöße entschieden zu reagieren. Während einige Autoren pessimistisch sind, sehen andere gerade in den Kämpfen vom Wochenende ein gutes Zeichen.

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Libération (FR) /

Von Frieden keine Spur

Libération sieht den Konflikt schon wieder aufflammen:

„In Israel hat nach der Euphorie über die Rückkehr der lebenden Geiseln die Politik wieder die Oberhand gewonnen. ... Netanjahu ist entschlossener denn je, an der Macht zu bleiben, und zögert nicht, die Berichte ehemaliger Geiseln für seine eigene Siegesgeschichte zu nutzen. ... Krieg der Narrative, Krieg der Bilder, Krieg der Waffenstillstandsbrüche – es wird immer schwieriger, zwischen alledem das Wort 'Frieden' unterzubringen.“

The Spectator (GB) /

Israels Abschreckungslogik

The Spectator vergleicht die Lage mit Israels Vorgehen gegen die Hisbollah im Libanon:

„Was sich [gestern] in Gaza abspielte, weist strukturelle Ähnlichkeiten mit den Ereignissen an der Nordfront vor fast einem Jahr auf. In den Tagen nach dem Waffenstillstand mit der Hisbollah im November 2024 feuerte die libanesische Miliz zwei Mörsergranaten auf den Berg Dov ab. Israel reagierte mit einer Angriffswelle im gesamten Libanon. Seitdem hat die Hisbollah keine einzige Rakete mehr auf israelisches Gebiet abgefeuert. Die Lehre war klar: Der Waffenstillstand markierte nicht das Ende der militärischen Bereitschaft Israels, sondern den Beginn eines neuen strategischen Gleichgewichts.“

Kurier (AT) /

Noch gibt es eine Chance

Der Kurier ist optimistisch:

„Nach wie vor ist die Chance hoch, dass es zu einer Lösung kommt. Schon allein die Bereitschaft arabischer Staaten, Truppen zu stellen und eine andere Verwaltung im Gazastreifen zu etablieren, ist ein Durchbruch, der vor nicht allzu langer Zeit undenkbar schien. Klar ist aber auch, dass es eine Vielzahl von Akteuren gibt, die diese Lösung sabotieren wollen. An erster Stelle die Hamas selbst. Dass man sich auf diese Terrororganisation nicht verlassen kann, war erwartbar. ... Doch die Chance auf einen Frieden nicht zu nutzen, würde unweigerlich zur nächsten Katastrophe führen.“

Abbas Galliamow (RU) /

Folge der Spaltung der Hamas

Politologe Abbas Galliamow sieht auf Facebook den Grund für das Wiederaufflackern der Kämpfe in einer Zersplitterung der Hamas:

„Ich wage zu vermuten, dass das Geschehene die Folge der Schwächung der Hamas-Führung und der Spaltung der Gruppierung in einzelne Brigaden ist, von denen jede jetzt so handelt, wie sie sich die lichte Zukunft vorstellt. Die Hamas hat sich in Gemäßigte und Radikale gespalten. Die ersten haben Israel die Geiseln zurückgegeben, die zweiten ballern jetzt in alle Richtungen, ohne an die Folgen zu denken und ohne zu wissen, was sie tun. Sie fühlen, dass ihnen der Boden unter den Füßen wegrutscht – und sie haben außer Schießen nichts anderes gelernt.“