Republik Moldau: Sandu stellt parteilosen Premier auf

Präsidentin Maia Sandu hat den in Moldau bisher kaum bekannten Alexandru Munteanu zum neuen Regierungschef nominiert. Der parteilose Physiker, Investmentbanker und Unternehmer mit moldauischer, rumänischer und US-Staatsbürgerschaft soll am Freitag vom Parlament im Amt bestätigt werden. Die Sandu nahestehende pro-europäische Partei PAS verfügt dort nach der jüngsten Parlamentswahl über 55 von 101 Sitzen.

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agora.md (MD) /

Blitzableiter und Werbeträger in einem

Dass Sandu einen Premier ausgesucht hat, der nicht aus ihrer Hauspartei kommt, spricht Bände, heißt es bei agora.md:

„Die PAS weiß, dass die bevorstehenden Reformen nicht Popularität, sondern Unzufriedenheit bringen werden. Zu einem Zeitpunkt, da die Regierung inmitten eines Reformprozesses steht, ist die Wahl eines Technokraten, der von außen kommt, ein Ausgleichsfaktor: Die Partei behält ihr politisches Kapital, während die Regierung die Kosten der Reformen trägt. Die Regierung Munteanu wird eine doppelte Mission haben: Sie muss strukturelle Reformen durchsetzen, die Moldau näher an die europäische Wirtschaft bringen, und gleichzeitig Investitionen anziehen, die nicht nur EU-Mittel sind, sondern auch mehrwertschaffende Privatinvestitionen.“

Contributors (RO) /

Regierungschef mit Kamikaze-Mission

Die Ukraine bekommt mit ihm einen kompetenten Partner, aber nur auf Zeit, schreibt der ukrainische Journalist Serhij Sydorenko in Contributors:

„Munteanu hat bereits eingeräumt, dass er unsicher ist, ob er nach Ablauf seiner Amtszeit als Premierminister in der Republik Moldau bleiben wird. Für uns [Ukrainer] ist sehr wichtig, dass der künftige Premier gut 20 Jahre in der Ukraine gelebt hat. Seinen wichtigsten Geschäfte konzentrieren sich auf Kyjiw. ... Zudem weiß man in Chișinău, dass die Regierung Munteanus eine Regierung des Übergangs ist. Der Premier muss eine Kamikaze-Rolle übernehmen. Die Zeiten fordern unpopuläre, vermutlich gar schmerzhafte Reformen. Einem Premier ohne politische Ambitionen wird es leichter fallen, den Imageschaden auf sich zu nehmen.“

Deutsche Welle (RO) /

Aufklärungsbedarf wegen Offshore-Geschäften

Der Rumänische Dienst der Deutschen Welle wünscht sich mehr Transparenz über die früheren wirtschaftlichen Aktivitäten des künftigen Premiers:

„Sein Name taucht in den 'Pandora Papers' von 2021 auf, in denen zahlreiche Unternehmen und Personen aufgeführt sind, die Geschäfte in Offshore-Gebieten getätigt haben. Der Name des Premiers steht hier in Verbindung mit einer privaten Investmentgesellschaft '4i Capital Partners Limited', einen Offshore-Unternehmen, das im März 2016 auf den britischen Jungferninseln registriert wurde. Über das Thema wurde die Öffentlichkeit noch nicht vollständig aufgeklärt. Politische Analysten in Chișinău meinen, dass dies noch vor der ersten Sitzung des Parlaments geschehen sollte.“