Zehn Jahre nach den Terroranschlägen von Paris

Frankreich gedenkt diese Woche der Opfer der Terrorattentate vom 13. November 2015 in Paris. Bei Anschlägen islamistischer Terroristen auf den Konzertsaal Bataclan, vor dem Fußballstadion Stade de France und in mehreren Straßencafés der französischen Hauptstadt waren 130 Menschen ums Leben gekommen. Kommentatoren bewerten die Lage zehn Jahre nach der Schreckensnacht.

Alle Zitate öffnen/schließen
Libération (FR) /

Frankreichs Lebensart hat die Prüfung bestanden

Frankreich und insbesondere Paris haben sich nicht unterkriegen lassen, konstatiert Libération:

„Angesichts des Horrors des 13. Novembers 2015 erlebte Frankreich einige Wochen nationaler Einheit. … Heute ist die Republik erschüttert, zerstückelt, angegriffen, aber sie ist da. Die Welt hat sich verändert und wir auch. Der IS breitet seinen Terror nicht mehr über den gesamten Mittleren Osten hinweg aus und unsere Fähigkeit, dem dschihadistischen Terror zu begegnen, hat sich verbessert. Der 13. November hat zwar eine ganze Generation in den Horror gestürzt, aber was wir zehn Jahre später nicht verloren haben, ist unsere Fähigkeit, lebendig zu sein. Unbekümmert zu sein, pariserisch zu sein, in Straßencafés zu sitzen.“

Les Echos (FR) /

Bedrohung längst nicht gebannt

Seit Juli 2024 gab es in Frankreich fünf Anschläge mit islamistischem Hintergrund, schreibt Terrorismusexperte Marc Hecker in Les Echos und warnt davor, die Terrorabwehr zurückzufahren:

„Die verschiedenen Fronten des Dschihadismus bleiben in unterschiedlichen Graden aktiv und verdienen eine fortdauernde Beobachtung. Im Sahel, der eine der drei Hauptfronten in Afrika ist, haben die Aufstände auf dem Land an Boden gewonnen und bedrohen nunmehr mehrere Großstädte. In [der zentralasiatischen Region] Chorasan hat der IS seine Kapazität bewiesen, über Afghanistan hinaus zuzuschlagen, insbesondere im Iran und in Russland. In Syrien legt der IS seit der Machtübernahme von Ahmed al-Scharaa einen Zuwachs an Aktivitäten an den Tag. … Der internationale Dschihadismus stellt weiterhin eine ernsthafte Bedrohung dar und Frankreich bleibt eine Zielscheibe.“

L'Echo (BE) /

Belgien muss sich um seine Jugend kümmern

An den Anschlägen waren Dschihadisten aus Belgien maßgeblich beteiligt. Junge Leute aus dortigen Problemvierteln sind heute in Schießereien um Drogenhandel verwickelt, was auf die gleichen Ursachen zurückzuführen ist, schreibt L’Echo:

„Ob Religion oder Drogenhandel, die Dynamik hinter dem Abgleiten ist dieselbe. Geld hat Gott ersetzt, beide sind nur die Symptome eines Todesdrangs und einer Orientierungslosigkeit. Eine kleine Randgruppe der Jugend in den ärmsten Vierteln der Hauptstadt hat den Boden unter den Füßen verloren und entschlossener politischer Wille ist nötig, um das Problem anzugehen. ... Repression ist notwendig, ja, aber auch ein Emanzipationsprojekt für die Problemviertel und eine echte Arbeit im Kern der Milieus, früher des dschihadistischen Milieus, heute des kriminellen Milieus.“