EU will militärisch gegen Schlepper vorgehen

Als Reaktion auf die Flüchtlingsunglücke haben die EU-Außenminister am Montag einen Marineeinsatz auf dem Mittelmeer beschlossen. Mit einem entsprechenden UN-Mandat sollen unter anderem ab Juni die Boote der Schlepper zerstört werden. Einen Versuch ist die Mission wert, so das Urteil einiger Kommentatoren. Andere kritisieren, dass damit nur die Symptome der Katastrophe bekämpft werden.

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Delo (SI) /

Kampf nur gegen Symptome der Flüchtlingskrise

Als völlig unzureichend bemängelt die linksliberale Tageszeitung Delo die Pläne der EU: "Mit einem Militäreinsatz gegen Schlepperbanden werden allein die Symptome der Krise bekämpft. Nachdem Europa jahrelang den Kopf in den Sand gesteckt hat, braucht es nun eine ganzheitliche Lösung - und nicht eine militärisch-polizeiliche Sicherung der Festung. Zumindest in der ersten Phase muss alles für die Rettung der Flüchtlinge auf dem Meer getan werden. Geschieht dies nicht, setzt Europa die vielgepriesenen humanistischen Werte aufs Spiel, die die Basis der europäischen Integration sind. ... Und Teil der ganzheitlichen Lösung der Krise auf dem Mittelmeer ist nicht nur mehr Solidarität zwischen den europäischen Staaten, sondern auch mehr Solidarität mit der dritten Welt."

Frankfurter Allgemeine Zeitung (DE) /

Militärmission ist zumindest Versuch wert

Kritik, wonach der geplante Militäreinsatz unmenschlich sei, kann die konservative Frankfurter Allgemeine Zeitung nicht nachvollziehen: "Ein Kontinent, der seit Jahren Hunderttausende Einwanderer aufnimmt, die noch nicht einmal alle Kriegsopfer sind, soll unmoralisch handeln, wenn er versucht, zumindest den gewissenlosen Banden das Handwerk zu erschweren, die mit der Not anderer ein Millionengeschäft machen? Es ist zwar richtig, dass die Ursachen für die Flüchtlingsströme in den Herkunftsländern beseitigt werden müssen. Aber das wird nicht schnell gehen. ... Deshalb muss Europa auch immer wieder die Schleuserrouten unterbrechen, so wie das - nach Möglichkeit - ja auch an Land geschieht. Welchen Erfolg die geplante Militärmission haben wird, muss man abwarten. Aber einen Versuch ist es wert. Es sind die Schlepper, die Menschen in Seenot bringen, nicht die Europäer."

Der Standard (AT) /

Einsatz richtet sich eigentlich gegen IS

Ziele und Nutzen der geplanten Militärmission analysiert die linksliberale Tageszeitung Der Standard: "Der Einsatz militärischer Kräfte zur Verhinderung von weiteren Flüchtlingskatastrophen im Mittelmeer ist prinzipiell legitim. Es wäre geradezu zynisch, wenn die europäische Staatengemeinschaft jetzt nicht alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen würde, um tausende Menschenleben zu retten, die im aktuellen Chaos der Fluchtwellen aus den Kriegs- und Krisengebieten des Nahen Ostens und Nordafrikas auf dem Spiel stehen. … Ganz anders verhält es sich aber, wenn es um die Zerstörung der Boote der Schlepperbanden geht. Dabei geht es nicht nur um humanitäre Aspekte und Flüchtlinge, wie nun behauptet wird. In Wahrheit befürchten die Regierungen, dass die Terroristen des IS Libyen im Schatten des Flüchtlingsdramas ganz 'übernehmen' könnten. Der Militäreinsatz hat auch ein sicherheitspolitisches Ziel."