Skandal um Abgasmanipulation bei VW

Das US-Justizministerium ermittelt laut Medienberichten gegen den deutschen Autokonzern Volkswagen. Dieser hatte am Wochenende Manipulationen von Abgastests bei Dieselfahrzeugen in den USA eingeräumt. Die oft beschworene deutsche Verlässlichkeit ist damit zum Mythos geworden, kommentieren einige Journalisten. Andere geben den Verbrauchern Mitschuld am Pfusch in der Autoindustrie.

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Hospodárske noviny (SK) /

VW-Skandal kratzt an Deutschlands Image

Volkswagen symbolisiert alles, was man mit Deutschland verbindet: Präzision, Ehrlichkeit, den Erfolg deutscher Wirtschaft und einen sozialen Frieden, der keine Innovation erstickt, meint die wirtschaftsliberale Tageszeitung Hospodářské noviny: "Jetzt muss aber eine neue Charakteristik hinzu gefügt werden: das Umgehen von Regeln. Der Skandal mit US-Diesel-Motoren, die traumhafte Abgaswerte zeigten - aber nur bei Tests - ist von riesigem Ausmaß. Er wird durch Worte des tiefen Bedauerns von Firmenchef Martin Winterkorn nicht so einfach geregelt. Deutsche Autos galten - ob zu Recht oder zu Unrecht - als ein Symbol der Ehrlichkeit in der ganzen Automobilindustrie. Volkswagen versucht den Skandal in Amerika jetzt mit einer groß angelegten Rückrufaktion in die Werkstätten zu glätten. Dennoch werden viele Amerikaner nach dieser Betrugsmasche sagen: Auch Du, Brutus?"

La Repubblica (IT) /

Tricksen auch andere zulasten der Umwelt?

Das deutsche Unternehmen Volkswagen begeht mit der Manipulation bei Schadstoffmessungen einen doppelten Verrat, wettert die linksliberale Tageszeitung La Repubblica: "Es ist der Verrat am globalen Mythos der deutschen Geradlinigkeit und dem Kult der Verlässlichkeit des größten und somit beliebtesten Autobauers der Welt. Die Enthüllung der Manipulation hat sofort weitaus gravierendere Züge angenommen als nur die der Demütigung eines Konzerns, der im ersten Halbjahr 2015 erstmals Toyota überrundete. ... Denn der Betrug bei den Schadstoffmessungen ereignet sich zu einem  Zeitpunkt, an dem in der ganzen Welt mit Nachdruck versucht wird, den Schaden durch Umweltverschmutzung einzudämmen. Dies wirft die beunruhigende Frage auf: Wie viele manipulierte Messgeräte gibt es, von denen wir keine Ahnung haben? Und wenn die Deutschen tricksen, die in puncto Redlichkeit immer bereit sind, die anderen zu belehren: Wem soll man dann noch vertrauen?"

taz, die tageszeitung (DE) /

Bundesregierung hofiert Autokonzerne weiter

Nachdem der Volkswagen-Konzern die Manipulationen zugegeben hat, ist die VW-Aktie am Montag um mehr als 20 Prozent abgestürzt. Genauso erschreckend wie die Dreistigkeit von Volkswagen ist jedoch die Reaktion der deutschen Politik auf den Skandal, tadelt die linke Tageszeitung taz: "Um zu klären, ob die illegalen Manipulationen auch in Europa eingesetzt wurden, plant das zuständige Verkehrsministerium nicht etwa schnelle eigene Untersuchungen, durch die der Skandal in den USA aufgedeckt wurde. Stattdessen fordert die Regierung allen Ernstes vom Konzern selbst Informationen darüber ein, ob er auch in Deutschland betrogen hat. Und das ist erst mal alles. Diese Naivität und Hilflosigkeit ist schockierend. Aber sie ist leider symptomatisch für den Umgang der deutschen Politik mit den Autokonzernen: Statt diese zu kontrollieren und zu reglementieren, präsentiert sich die Bundesregierung regelmäßig als deren oberste Interessenvertretung."

Wirtschaftsblatt (AT) /

Sparwahn der Konsumenten ist mitschuldig

Der VW-Skandal wirft auch einen Schatten auf das Konsumverhalten der Verbraucher, die immer nur sparen wollen, findet die wirtschaftsliberale Tageszeitung Wirtschaftsblatt: "Produziert wird mit knapperen Budgets und weniger Mitarbeitern, die folglich weniger Zeit haben, die Arbeit entsprechend zu erledigen. Bei den Materialien wird ebenfalls gespart. Diese Faktoren sind in Summe letztlich für die mangelhaften Produkte verantwortlich. Wir mokieren uns gern über die schlechte Qualität der Produkte und die damit verbundenen Konsequenzen. Aber vielleicht sollten wir nachdenken, inwieweit wir mit unserem Kaufverhalten und unseren Wünschen selbst zu diesem Problem beitragen. Schließlich will der moderne Konsument, dass alles sofort verfügbar ist - natürlich zu noch niedrigeren Preisen."