Pariser Rettungsversuch für Alstom-Werk

Die Regierung in Paris will 15 TGV-Züge kaufen, um die Teilschließung des Alstom-Werks im ostfranzösischen Belfort und den Verlust von 400 Jobs zu verhindern. Die Bahngesellschaft SNCF sieht bislang keinen Bedarf für die Züge. Ist das Werk in Belfort noch zu retten? Frankreichs Kommentatoren bewerten die Krise dort jedenfalls höchst unterschiedlich.

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Le Figaro (FR) /

Gefährlicher Präzedenzfall

Desaströse Konsequenzen fürchtet nach der Entscheidung der sozialistischen Regierung Le Figaro:

„Natürlich für die Staatskasse, die auf die Belastung gut hätte verzichten können. Aber auch wegen der irreführenden Botschaft, die die Politik vermittelt: In sämtlichen Fabriken Frankreichs darf man nunmehr denken, dass der Staat die Mittel und daher auch die Pflicht hat, in Schwierigkeiten geratene Unternehmen zu retten. Das ist natürlich falsch und viele Beschäftigte, deren Job bedroht ist, drohen enttäuscht zu werden. Die Regierung leistet sich einen sehr kurzfristigen politischen Sieg und könnte sehr bald den Preis dafür zahlen. Holt die Realität sie ein, wird sie nicht auf die steigende Anzahl an Hilferufen reagieren können und somit Woche um Woche den Groll nähren. Und die Wählerschaft des Front National noch ein wenig mehr vergrößern.“

Boulevard Voltaire (FR) /

EU-Regeln ruinieren Frankreichs Industrie

Die Krise im Alstom-Werk Belfort ist insbesondere auf die EU-Regeln für öffentliche Ausschreibungen zurückzuführen, erklärt Jean-Michel Léost auf Boulevard Voltaire:

„Es gibt nicht genug Bestellungen. Zwar ist man stolz, im Ausland Aufträge ergattert zu haben, doch die TGV werden nicht in Frankreich gebaut werden! Das Problem resultiert vor allem aus den von der EU auferlegten Verfahren für öffentliche Aufträge, mit denen sich die Linke wie die Rechte gut arrangiert haben. Die Regelung ist einfach: Es müssen Ausschreibungen gemacht werden. Und so werden die nächsten Rangierloks der SNCF in Deutschland gebaut: Der 140-Millionen-Euro-Auftrag ist Alstom Transport durch die Lappen gegangen! Es gibt also keinen Vorrang für französische Unternehmen, selbst wenn diese Spitzentechnologie herstellen. Pech gehabt, wenn dies zu Arbeitslosigkeit und Werkschließungen führt! Beim Teutates! Wir sind zuerst Europäer und dann Gallier!“