Erinnerung an John McCain

Nach dem Krebstod von US-Senator John McCain würdigen die Medien den Politiker als Vietnam-Veteranen und Trump-Widersacher. McCain hinterlässt ein großes Loch in der US-Politik, bedauern die einen. Andere finden die Lobeshymnen aber übertrieben.

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Dagens Nyheter (SE) /

USA brauchen einen neuen McCain

Politiker wie McCain sind angesichts der verfahrenen politischen Situation in den USA heute nötiger denn je, ist Dagens Nyheter überzeugt:

„Die Demokraten sind nach links, die Republikaner nach rechts abgedriftet, und die Berührungspunkte in der Mitte sind klein. Wenn jeder Kompromiss als Verrat gilt, kommt nichts Vernünftiges zustande. ... McCain war einer der wenigen, die sich trauten [Trump zu widersprechen] - und wurde von Trump auf Twitter verhöhnt. Barack Obama und George W. Bush kommen zum Begräbnis, aber der derzeitige Präsident ist nicht eingeladen. Der Patriot McCain war überzeugt, dass die USA eine herausragende Rolle bei der Verteidigung der Freiheit in der Welt spielen. Der Nationalist Trump spuckt auf seine Alliierten und kriecht vor Putin. ... McCain braucht einen Erben.“

NRC (NL) /

Zu lasch für einen Helden

Das Lob für den verstorbenen US-Politiker ist übertrieben, kritisiert Publizist Frans Verhagen in NRC Handelsblad:

„Ja, er war ein Kriegsheld, was auch immer der ungehobelte Klotz im Weißen Haus, der sich selbst dem Wehrdienst entzogen hat, sagt. Ja, er war ein interessanter, brüskierender und bisweilen einflussreicher Politiker. Aber McCain nach seinem Tod nun zu einem Über-Politiker zu machen, zu einem Mann, der für seine Werte einstand und der als einziger Republikaner Trump angegangen habe - das ist wirklich zu viel der Ehre. ... Es war schließlich tief enttäuschend, dass McCain, ausgerechnet McCain, seine Autorität nicht effektiver eingesetzt hat, um Trump und seine eigene prinzipienlose Republican Party zu kritisieren. .... McCain hätte es Trump und der Partei viel schwieriger machen können und müssen. “

Lietuvos žinios (LT) /

Transatlantische Beziehungen könnten leiden

McCains Tod ist ein großer Verlust, kommentiert Lietuvos žinios und blickt nervös auf die kommende Wahl in den USA:

„Donald Trump mag erzählen, dass er die transatlantischen Beziehungen und die Nato gerettet hat, aber er redet nicht über den Druck vom Senat und Repräsentantenhaus, der ihn dazu gebracht hat. Einer der Vorreiter dieser Politik war McCain. ... Die Sichtweise von Trump und seinen Mitstreitern auf die transatlantische Politik werden wir nach dem 6. November erkennen, wenn ein Drittel des Senats und das Repräsentantenhaus neu gewählt wird. Diesem Senat wird McCain - einer der wichtigsten Unterstützer guter transatlantischer Beziehungen - nicht mehr angehören. Bereits jetzt ist klar, dass eine wichtige Autorität mit Blick auf die Sicherheit unseres Landes fehlen wird und wir die Konsequenzen spüren werden.“

De Telegraaf (NL) /

Die Welt braucht mehr Politiker solchen Formats

De Telegraaf würdigt McCain für seine Loyalität und Standhaftigkeit:

„Er war vor allem als Non-Konformist und Querkopf bekannt. Dennoch genoss er sowohl bei Republikanern als auch bei Demokraten großen Respekt. Das kam nicht nur durch sein langes Engagement, sondern vor allem auch durch seine militärische Vergangenheit. ... McCains Standhaftigkeit machte ihn berühmt und beliebt, auch wenn er kein Heiliger war. Politisch machte er auch Fehler. Aber er war ein echter Volksvertreter, der sich treu blieb und dienen konnte in einer Welt, in der meistens Eigeninteresse und Machtspielchen vorherrschen. Die Authentizität macht ihn zu einem Vorbild für alle Politiker, auch nach seinem Tod. Die Welt braucht mehr McCains.“

The Independent (GB) /

McCain hat Trump erst ermöglicht

John McCain hat dem Aufschwung der Alt-Right-Bewegung und damit der Präsidentschaft Donald Trumps den Weg bereitet, erinnert The Independent:

„Indem er [die Vertreterin der ultra-rechten Tea-Party-Bewegung] Sarah Palin als Vizepräsidentschaftskandidatin auswählte, machte sich John McCain unbeabsichtigt zum Geburtshelfer hochmütiger und undurchdringbarer Ignoranz als Mittel, um Wahlen zu gewinnen. ... Indem McCain diese Fahnenträgerin des ahnungslosen, fahrlässigen Rechtsextremismus auf die politische Bühne hob, normalisierte und heroisierte er eine Form abgehobener Beschränktheit in den Augen jener, die die Tea-Party-Bewegung und später die Alt-Right-Bewegung bildeten.“

Eesti Päevaleht (EE) /

Besonderer Verlust für Estland

Warum insbesondere Esten über den Tod McCains trauern, erklärt Ex-Außenminister Urmas Paet in Eesti Päevaleht:

„McCain, der Estland zuletzt Ende 2016 besucht hat, war der US-Politiker, dem man die Sicherheitssorgen Estlands und Europas nie erklären musste. Denn er kannte sie und wollte stets Freiheit, Demokratie und Rechtsstaat bewahren und stärken. Er hatte keine Illusionen über Autokratien und deren Führer. ... McCains Tod ist ein großer Verlust für diesen Teil der Welt, der diese Werte schätzt. Sein Tod ist daher auch ein großer Verlust für Estland. Wir haben einen Menschen verloren, der Estlands komplizierte Vergangenheit verstanden hat und uns unterstützt hat, um eine Zukunft in Freiheit zu gestalten.“

Echo Moskwy (RU) /

Eigentlich ein Freund Russlands

John McCain war kein Feind Russlands, betont der russische Oppositionspolitiker und Journalist Wladimir Kara-Mursa in einem Blogbeitrag auf Echo Moskwy:

„Die kremlnahen Medien - von den TV-Sendern bis zu den Agenturen - begleiteten die Nachricht vom Tod des Senators auf die übliche Weise: 'unversöhnlicher Feind Russlands' und so weiter. Doch das ist alles gelogen: McCain war nie ein Feind Russlands, wenn man unter Russland nicht nur die Gruppe von Geheimdienstlern und Datscha-Nachbarn Putins versteht, die die Macht usurpiert haben. Sie hat er in der Tat aus tiefster Seele gehasst. ... Doch mit Blick auf die wahren Interessen Russlands - Stärkung der Bürgerrechte, Schutz von Verfolgten und politischen Gefangenen, Sanktionen gegen Korrupte und Menschenrechtsverletzer - war er immer bereit, seine Hand zu reichen. John McCain war ein starker, guter und ehrlicher Mensch.“