Was kann das europäische Kurzarbeitergeld?

Die EU-Kommission will ein europäisches Kurzarbeitergeld einführen: Die Mitgliedsstaaten sollen damit Unternehmen ermöglichen, ihre Mitarbeiter zu halten, auch wenn sie wegen der Coronakrise ihren Betrieb zeitweise einstellen oder herunterfahren müssen. Dafür will die Kommission Kredite in Höhe von 100 Milliarden Euro aufnehmen. Nicht alle Medien sind überzeugt, dass das Programm solidarisch ist.

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taz, die tageszeitung (DE) /

Coronabonds, die nicht so heißen dürfen

Die taz findet das Konzept des europäischen Kurzarbeitergeldes richtig gut:

„Um Missverständnissen vorzubeugen: Die Länder bekämen das Geld nicht geschenkt. Die EU-Kommission würde ihnen die Mittel nur zu einem sehr günstigen Zinssatz leihen. … [Das Konzept] hätte zudem den Vorteil, dass es ein Programm für die ganze EU und nicht nur für die Eurozone wäre. Auch Bulgarien oder Rumänien könnten unterstützt werden, falls sie von den Coronakosten überwältigt werden. Das Programm würde durch Anleihen der EU finanziert. Es wären also faktisch Coronabonds, die aber nicht so heißen dürfen.“

Avvenire (IT) /

Vorgeschmack auf mehr Zusammenarbeit

Auch Avvenire lobt den Schritt der EU-Kommission:

„Die Ankündigung könnte der Beginn einer Wende sein, die es uns erlauben würde, das Beste aus beiden Welten zusammenzubringen. ... Nämlich unsere hoch entwickelten Schutzmodelle [wie den Europäischen Stabilitätsmechanismus] rechtzeitig mit unserer makroökonomischen Interventionsfähigkeit zu vereinen, um das volle Potential der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten auszuschöpfen. Die einzelnen Staaten könnten gar auf den Geschmack kommen und erkennen, dass Investitionen, Modernisierung der Infrastruktur, Gesundheits- und Bildungsprojekte auf supranationaler Basis mit Hilfe der Ausgabe von Anleihen mit sehr niedriger Risikoprämie finanziert werden können, die für Investoren besonders attraktiv sind.“

Deutsche Welle (RO) /

EU immer tiefer in der Glaubwürdigkeitskrise

So kann die EU ihr Image nicht aufpolieren, fürchtet der Rumänische Dienst der Deutschen Welle:

„Die Coronabonds und die gemeinsame Verschuldung bleiben aus, weil die reichen Nordstaaten der EU sich weigern. Die Kredite im Wert von 100 Milliarden Euro aus dem Sure-Programm, die die EU jetzt zur Unterstützung einiger Kurzarbeitsprogramme zur Verfügung stellen will, werden den bedauernswerten Eindruck der EU nicht tilgen. ... Der Eindruck, den die Gemeinschaft vor allem in den von der Pandemie extrem betroffenen Südstaaten hinterlässt, ist, dass sie eine Institution ist, um den Wohlstand des Nordens zu garantieren und zu vermehren. Die alte Glaubwürdigkeitskrise wächst exponentiell, genau wie die Zahl der Infektionen mit dem tödlichen Coronavirus.“