Krieg in der Ukraine: EU muss sich neu sortieren

Kampfhandlungen direkt an den EU-Grenzen, der riesige Flüchtlingsstrom aus der Ukraine und das Kappen politischer, wirtschaftlicher und Reise-Verbindungen zu Russland bringen neue Herausforderungen, aber auch Chancen für Europa, debattiert die Presse.

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Der Tagesspiegel (DE) /

Möglicher Impuls für Asylpolitik

Der Tagesspiegel hält den Vorschlag der deutschen Außenministerin für sinnvoll, die an den EU-Außengrenzen ankommenden Flüchtlinge per Luftbrücke direkt in andere Länder in der Union zu bringen:

„Baerbocks Vorschlag [könnte] dazu beitragen, alte Gräben im langjährigen Streit um die EU-Asylpolitik zuzuschütten. Länder wie Polen und Ungarn ... könnten bei der Aufnahme der Schutzsuchenden durch Länder wie Spanien, Italien und Griechenland entlastet werden. Umgekehrt sind es genau diese Mittelmeeranrainer, die seit Jahren eine Lastenteilung in der Flüchtlingspolitik verlangen. ... Falls Baerbocks Plan umgesetzt wird, wäre es nur fair, wenn sich Warschau und Budapest anschließend in der Debatte um die langfristige EU-Asylpolitik erkenntlich zeigen würden.“

Dienas Bizness (LV) /

Lettland wird zur Peripherie

Die verhärteten Fronten machen Lettland zum Randgebiet, stellt die Wirtschaftszeitung Dienas bizness fest:

„Nach der Schließung der Grenze zu Russland und Belarus können wir nicht mehr als Brücke zwischen Ost und West dienen. Zumindest für eine bestimmte Zeit befinden wir uns am Rande Europas. Die ganze Aufmerksamkeit richtet sich auf die Lage in der Ukraine und es ist klar, dass dies noch Jahre so bleiben wird. Denn nach dem Krieg werden alle versuchen, der Ukraine zu helfen, sich von den Verlusten zu erholen.“

Azonnali (HU) /

Schweren Herzens nun doch gegen Putin

Der Außenpolitikforscher András Hettyey kann Ungarns Nähe zu Russland aus emotionaler Sicht verstehen und schreibt in Azonnali:

„Während [die Regierung Ungarns] im Westen Wut und Anprangerungsversuchen gegenübersteht, erhält sie im Osten Respekt, Lob und Aufmerksamkeit. Wir sollten nicht glauben, dass die Politiker es mögen, wenn sie mit einer feindseligen Atmosphäre empfangen und immer wieder isoliert werden. ... Ich will aber nicht sagen, dass die ungarische Außenpolitik alleine von Emotionen getrieben sei und dass es keine 'rationalen' und 'objektiven' ungarischen Interessen gebe, denen die Entscheidungsträger Ungarns folgen: Budapest hat die russische Aggression verurteilt und stimmt für eine Reihe von Sanktionen gegen Russland.“