Geld gegen Reformen: EU gibt Hilfen für Polen frei

EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hat Polen bei ihrem Besuch versprochen, die bislang blockierten Corona-Hilfen in Höhe von 35 Milliarden Euro auszuzahlen: Das Geld für den Aufbauhilfeplan ist jedoch an die Bedingung einer Justizreform geknüpft. Die Disziplinarkammer soll endgültig abgeschafft und Maßnahmen gegen Richter überprüft werden. Die europäische Presse bleibt aus mehreren Gründen skeptisch.

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Interia (PL) /

Kompromisse lohnen sich

Der Kolumnist Robert Walenciak begrüßt auf dem Onlineportal Interia das Zugehen der EU-Kommission auf Polen:

„Am 24. Februar vollzog sich in Europa ein grundlegender Umbruch, und zuvor wichtige Angelegenheiten wurden zur Nebensache. Es ist nicht die Zeit, um Rosen zu trauern, während Wälder brennen. Heute ist das Wichtigste die Einheit des Westens. Und um diese zu bewahren, lohnt es sich, verschiedene Kompromisse einzugehen. Ich denke, das ist das Leitmotiv europäischen Handelns, und es ist ein vernünftiges Prinzip. Es sei darauf hingewiesen, dass selbst Orbán, der mittlerweile offen die Interessen Russlands verteidigt, in Brüssel nicht angefeindet wird. Es geht eher darum, ihn zu umschiffen, als ihn in die Schranken zu weisen.“

Le Monde (FR) /

EU lässt sich über den Tisch ziehen

Brüssel hat sich durch die Bedeutung, die Polen angesichts des Krieges gegen die Ukraine hinzugewonnen hat, erpressen lassen, kritisiert Le Monde:

„Vor dem 24. Februar, dem Beginn des Krieges in der Ukraine, war die isolationistische Außenpolitik der PiS auffällig anti-ukrainisch. ... Die russische Aggression, die Warschaus Kehrtwende gegenüber Kyjiw ausgelöst hat, stellt die EU vor ein merkwürdiges Paradoxon: Die Regierung in Europa, die im Zentrum der westlichen Hilfe für die Ukraine steht, ist diejenige, deren Wesen und Praktiken den europäischen Werten am feindlichsten gegenüberstehen. Die Mitgliedsstaaten würden viel verlieren, wenn sie das vergessen würden.“

De Volkskrant (NL) /

Kritische Richter sind nicht aus dem Schneider

Die EU untergräbt ihre Werte und Normen, meint De Volkskrant:

„Die Forderungen, die die Kommission beim Freigeben der polnischen Milliarden aus dem Corona-Hilfsfonds stellt, scheinen hart. ... Aber es ist fraglich, ob das ausreicht. Polnische Richter warnen bereits, dass die Regierung andere Wege suchen wird, um kritische Richter zum Schweigen zu bringen. Zu dem Zeitpunkt, wo das klar wird, sind die europäischen Milliarden bereits ausgegeben und können nicht mehr zurückgefordert werden. Brüssel ist das wichtigste Druckmittel los, um Polen an die europäische Wertegemeinschaft zu binden: Geld. “