Kansas schützt das Recht auf Abtreibung

Der US-Bundesstaat Kansas setzt auf das Recht auf Schwangerschaftsabbruch: Bei einem Referendum votierten rund 60 Prozent für die Bestimmung in der Landesverfassung, selbst über Abbruch oder Fortführung einer Schwangerschaft entscheiden zu können. Der Supreme Court hatte im Juni ein Grundsatzurteil von 1973 zum Abtreibungsrecht gekippt. Kommentatoren debattieren die Bedeutung der Abstimmung.

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Aftonbladet (SE) /

Ein wichtige Freiheit zurückerobert

Die Volksabstimmung in Kansas hat Maßnahmen verhindert, die einer Demokratie nicht würdig sind, schreibt Aftonbladet:

„Amerikanische Frauen begannen, ihre Menstruationszyklus-Apps zu löschen. Weit verbreitet ist die Befürchtung, dass ein digital dokumentiertes Ausbleiben der Periode im Zusammenhang mit einer Reise in einen anderen Staat als Beweismittel gegen Frauen verwendet werden könnte, die wegen illegaler Abtreibung angeklagt sind. Eine Entwicklung, die kaum fassbar war. Glücklicherweise haben die Menschen in Kansas dem Rest der Vereinigten Staaten gezeigt, dass es möglich ist, das Recht der Frauen auf die Kontrolle über ihren eigenen Körper zurückzuerobern.“

Jyllands-Posten (DK) /

Ermutigendes Signal

Jyllands-Posten sieht in dem Ergebnis einen deutlichen Fingerzeig:

„Das Ermutigende am Kansas-Referendum ist, dass die Wählerschaft im Bundesstaat konservativ ist und die Republikaner an der Macht sind. Dennoch haben sich viele republikanische Wähler für das Recht auf Abtreibung stark gemacht. Der Signalwert darf nicht unterschätzt werden, und man kann nur hoffen, dass sich das, was eigentlich ein unveräußerliches Recht für Frauen sein sollte, auch in anderen amerikanischen Staaten durchsetzt, in denen Abtreibungsgegner traditionell ein starkes Standbein haben.“

Tages-Anzeiger (CH) /

Entscheidung beim Volk ganz gut aufgehoben

Der Tages-Anzeiger sieht einen Glücksfall:

„Eine klare Mehrheit in diesem konservativen, an die abtreibungsfeindlichen Gegenden Texas, Oklahoma und Mississippi angrenzenden Bundesstaat will das Recht auf Abtreibung in der Verfassung stehen lassen. … Das passt zu dem seit vielen Jahren eindeutigen Befund der Meinungsforschung, dass eine Mehrheit der Amerikaner ein liberales Abtreibungsrecht unterstützt, unabhängig von ihrer Parteipräferenz. … Das Referendum von Kansas hat sich insofern als Glücksfall für die Menschen entpuppt und als Chance für eine offene Debatte. Dass das nun überall so läuft, ist nicht gesagt. Doch offensichtlich ist die Autorität, wichtige Fragen zu regeln, beim Volk nicht immer nur schlecht aufgehoben.“

The Spectator (GB) /

Wie vom Supreme Court beabsichtigt

Es ist vor allem der Oberste Gerichtshof, der sich durch das Abstimmungsresultat in Kansas in seiner Entscheidung bestätigt sehen dürfte, glaubt The Spectator:

„Die Abstimmung in Kansas war genau das, was das Gericht beabsichtigt hatte: Seine Entscheidung war nicht absichtlich darauf ausgerichtet, das Abtreibungsrecht zu streichen (wenngleich sie in vielen Staaten das Risiko dazu erhöhte), sondern darauf, die Entscheidung an Gesetzgeber zu übertragen, die direkt dem Volk gegenüber rechenschaftspflichtig sind. Die Abstimmung in Kansas ist nun ein direktes Vorbild dafür, dass das Urteil des Gerichtshofs nicht unbedingt weniger Zugang zu Abtreibung bedeutet, sondern das Recht durch demokratische Zustimmung auf Ebene der Bundesstaaten bewahrt.“

Polityka (PL) /

Abstimmung von nationaler Relevanz

Polityka ist überzeugt:

„Die Bedeutung des Referendums in Kansas geht über diesen Staat und die Abtreibungsfrage hinaus. Auch in Kentucky und Vermont werden in diesem Jahr Volksabstimmungen darüber stattfinden, ob das Recht auf Abtreibung in die Verfassungen der Bundesstaaten aufgenommen werden soll. Die Pro-Life-Bewegung kündigte an, dass sie nach dem Urteil des Obersten Gerichtshofs ein bundesweites Abtreibungsverbot anstreben würde, wofür ein Gesetz des Kongresses erforderlich wäre. Die Volksentscheidung in Kansas belegt, dass dies eher unwahrscheinlich ist. ... Nach der Aufhebung des Urteils in der Sache Roe v. Wade zeigten Umfragen jedoch einen deutlichen Anstieg der Unterstützung für die demokratischen Kandidaten für den Kongress.“