Was kann die IAEA in Saporischschja bewirken?

Ein Team der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA) will eine der schärfsten durch den Krieg gegen die Ukraine ausgelösten Krisen eindämmen: Es ist auf dem Weg zu Europas größtem Atomkraftwerk in Saporischschja, um die Lage dort zu untersuchen. Das AKW liegt direkt an der Front, ist von russischen Truppen besetzt und steht unter Beschuss.

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Libération (FR) /

Heikle Aufgabe

Die Nuklearexperten konnten nicht mehr auf eine Lageberuhigung warten, betont Libération:

„Wissen die Russen wirklich, was sie in diesem in ein Militärlager verwandelten Atomkraftwerk tun? … Sie haben nun seit fünf Monaten die Kontrolle übernommen und die Internationale Atomenergiebehörde, die es leid ist, auf eine Beruhigung der Lage zu warten, wird in den kommenden Tagen versuchen, hineinzugelangen. ... Alles deutet darauf hin, dass wir nicht einmal am Ende des Anfangs dieses erbarmungslosen Kriegs sind. Da die erschöpften Mitarbeiter in Saporischschja wahrscheinlich nicht mehr lange durchhalten können, hat die IAEA-Delegation eine kritische Mission für den Frieden in Europa vor sich.“

Lietuvos rytas (LT) /

Alle Atomkraftwerke in der Region beschützen

Eine Verzögerung wichtiger Entscheidungen kann gefährlich für uns alle werden, warnt Lietuvos rytas:

„Ein Besuch des AKW und daraus folgende Äußerungen über Befürchtungen reichen nicht. Man muss mit Hilfe von Militärexperten feststellen, wer von wo und auf wessen Befehl schießt. Heutzutage kann man das sehr präzise machen und wichtige Entscheidungen auf UN-Ebene treffen. Denn eine Katastrophe im AKW Saporischschja ist eine Bedrohung für die ganze Welt. Das Verzögern strenger Maßnahmen gegen den identifizierten Täter sollte einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleichkommen. Zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen müssen für andere AKWs auf dem Territorium der Ukraine sowie für das AKW Astrawez in Belarus gelten.“

Radio Kommersant FM (RU) /

Sie sind Techniker, keine Blauhelme

Radio Kommersant FM warnt vor zu großen Erwartungen an die Inspektion:

„[IAEA-Chef] Grossi schließt nicht aus, dass ein Teil seiner Gruppe dauerhaft im AKW Saporischschja bleibt und rollierend die Sicherheit überwacht. Offenbar setzt man darauf, dass solange Experten im Objekt sind, es nicht beschossen wird. ... Die IAEA-Mission besteht aus Technik-Spezialisten. Sie machen keine Politik, erst recht haben sie keine Vollmachten, die Konfliktparteien zu trennen. Aber es sieht so aus, als würde von ihnen gerade eine politische Wertung erwartet, dass sie der Öffentlichkeit vor Augen führen, wer hier die Gefahr einer atomaren Apokalypse heraufbeschwört. Vorerst erscheint eine solche Entwicklung wenig realistisch.“