Franziskus in Ungarn: Wie den Besuch bewerten?

Papst Franziskus reist am heutigen Freitag zu einem dreitägigen Besuch in die ungarische Hauptstadt Budapest. Neben Gesprächen mit Vertretern der Regierung sowie der Ortskirche wird Franziskus auch Geflüchtete, Kinder und Jugendliche treffen. Kommentatoren diskutieren, was dieser Besuch für Ungarn bedeutet - und vielleicht darüber hinaus.

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Lidové noviny (CZ) /

Vielleicht trifft er Putins abtrünnigen Metropoliten

Lidové noviny spekuliert darüber, dass der Papst in Ungarn auch den dortigen Metropoliten der russisch-orthodoxen Kirche, Hilarion, treffen könnte. Der hatte bis zu seiner Ablösung im Juni 2022 im Moskauer Patriarchat einen bedeutsamen Posten inne:

„Der orthodoxe Bischof leitete die Auslandsabteilung des Moskauer Patriarchats, war verantwortlich für die Verbreitung der Ideologie der 'russischen Welt' ... Diese Idee war für Putin ein Vorwand für den Einmarsch in die Ukraine. Hilarion widersetzte sich jedoch im Laufe der Zeit indirekt der Invasion, verlor seinen Posten und wurde nach Budapest strafversetzt. Wenn der Papst sich mit ihm treffen oder auch nur ein paar Worte wechseln würde, wäre das eine große Geste von Franziskus.“

Népszava (HU) /

Kein Papst der Ausgrenzung

Franziskus denkt anders als diejenigen, die ihn vereinnahmen wollen, meint Népszava:

„[Regierungsnahe Meinungsmacher] wollen den apostolischen Besuch zu einem politischen Ereignis degradieren. Sie wollen dem Vatikan und der Welt zeigen, welch christliche Nation wir sind, und gleichzeitig grenzen sie andere aus ... [Jedoch] ist Papst Franziskus ein echter, authentischer Nachfolger Christi. Er hat so oft jegliche Ideologien verurteilt, die zur Ausgrenzung anderer führen. Er hat die 'Sirenenstimmen' des Populismus kritisiert und den Souveränismus, der das Mantra der ungarischen Regierung ist.“

Magyar Nemzet (HU) /

Mit dem Papst gegen die EU

Der Besuch aus dem Vatikan stärkt Ungarn im Tauziehen mit Brüssel, glaubt die regierungsnahe Magyar Nemzet:

„Der Papst ist unser echter Verbündeter, und wir sind auch seine guten Verbündeten in der Ablehnung des Gender-Humbugs und zum Schutz der Kinder. Die Frage ist natürlich, ob auch die seltsamen Herrscher der Union unsere Verbündeten sein werden zu dieser durch und durch pro-europäischen und friedensstiftenden Haltung. Werden sie die Stärkung des Christentums am Ende nicht als unchristlich einstufen? Aber das macht nichts, denn dies wird die Ausbreitung des familienzentrierten Denkens nicht aufhalten. Wenn der Heilige Vater für uns ist, wer kann dann gegen uns sein?“

Telex (HU) /

Er bringt alle zusammen

Der Papst ist nicht nur für die Gleichgesinnten da, meint der katholische Priester und Theologe Csaba Török in Telex:

„Zu wem kommt der Papst? Zu den guten Katholiken? Zu den Priestern, Mönchen und Bischöfen? Zu den Politikern des christlichen Kurses? ... Oder eventuell auch zu anderen? ... Zu denen, die wir verachten? Zu denen, die wir mit einer Abscheu hassen, die durch 'christliche Liebe' befeuert wird? ... Zu denen, die ihr Glück auf einer anderen Wertgrundlage suchen? ... Ich wünschte mir, dass der Papst zu uns allen kommt und dieses 'Wir' uns alle einschließt.“