Papst Leo XIV.: Friedensstifter aus den USA?

Die katholische Kirche hat einen neuen Papst, Leo XIV.: Am Donnerstag, dem zweiten Konklave-Tag, wurde Robert Francis Prevost, ein in Chicago geborener Kardinal mit Staatsbürgerschaft der USA und Perus, gewählt. In seiner ersten Ansprache betonte er die Bedeutung des Friedens in der Welt. Kommentatoren erörtern, was ihn zum Kirchenführer qualifiziert – und inwieweit der Amerikaner auf dem Heiligen Stuhl nun ein Gegengewicht zu Donald Trump darstellt.

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Gość Niedzielny (PL) /

Kämpferischer Pazifist und Brückenbauer

Die kirchliche Wochenzeitung Gość Niedzielny freut sich:

„In den kommenden Jahren werden wir also einen Heiligen Vater haben, der wie ein Löwe für den Frieden in der Welt und in der Kirche kämpfen wird. Und er ist für diese Kämpfe bestens gerüstet, denn er ist in der Tradition verwurzelt und kennt gleichzeitig die Herausforderungen der Gegenwart. Er wird Brücken bauen, das ist sicher, um kirchliche Gruppierungen, die sich voneinander entfernen, und - wenn die Welt auf ihn hört - Nationen, die sich auf den Weg des Krieges begeben, zusammenzubringen. In einer Kirche, deren Einheit ins Wanken gerät und in der immer häufiger von der Gefahr einer Spaltung die Rede ist, und in einer Welt, die zunehmend den Ausbruch eines gewaltigen Krieges fürchtet, wird ein solcher Kirchenführer gebraucht.“

Frankfurter Allgemeine Zeitung (DE) /

Endlich jemand mit Verwaltungserfahrung

Eine Schlüsselqualifikation des Neuen hebt die Frankfurter Allgemeine Zeitung hervor:

„Erfahrung in der Führung von weltweit tätigen Verwaltungsapparaten. Als ehemaliger Oberer eines großen Männerordens und Leiter des vatikanischen Dikasteriums für die Bischöfe, einer Art Personalabteilung für kirchliche Führungskräfte, verfügt er über eine Expertise, die ein Ortsbischof nicht hat. Das hat die katholische Kirche nach drei Päpsten, die sich nicht sonderlich für den Leitungsapparat interessiert haben, dringend nötig. Nur so sind nachhaltige Reformen in der katholischen Kirche möglich.“

La Stampa (IT) /

Er steht für das andere Amerika

La Stampa ist begeistert von der Wahl Leos XIV. :

„Er kommt aus einem Amerika, dessen Existenz wir vergessen haben. Einem Amerika, das willkommen heißt und nicht vertreibt. Ein Amerika, das sich um den Weltfrieden sorgt - der erste Satz, der vom Balkon des Petersdoms gesprochen wurde - und nicht nur um die Sicherheit im eigenen Land. ... Es ist nicht sicher, dass die Machthaber, die in der Ukraine, in Gaza, im Sudan und jetzt in Kaschmir Krieg führen, ihm mehr Beachtung schenken, als sie es bei Papst Franziskus taten oder besser gesagt nicht taten. Aber einen Amerikaner zu haben, der vom Vatikan aus vom Frieden spricht und sich der Welt öffnet, ohne auf die Nationen zu schauen, markiert einen klaren Gegenpol zu dem anderen Amerikaner im Weißen Haus.“

Deník (CZ) /

Eine gute Wahl - auch für sein Heimatland

Was es bedeutet, dass Leo XIV. US-Amerikaner ist, analysiert Deník:

„Im aktuellen Amerika, wo die Macht zu sehr in Trumps Händen konzentriert ist, kann der neue Papst eine ähnliche Rolle spielen wie Johannes Paul II. im kommunistischen Polen. ... Neben Trumps absolutistischem Auftreten in weltlichen Mächten gibt es nun auf der anderen Seite einen möglichen neuen Kontrapunkt. ... Denn Christen glauben, dass es etwas gibt, das die Macht aller irdischen Herrscher übersteigt. Einschließlich der Macht von Donald Trump. ... Insofern war das eine gute Wahl zur richtigen Zeit. Für die Vereinigten Staaten und für die ganze Welt.“

Berlingske (DK) /

Bessere Kommunikation mit Trump

Auch Berlingske beleuchtet die Herkunft des neuen Papstes:

„Für Prevost war es kaum ein Handicap, dass er aus demselben Land stammt wie der Mann, der in den letzten Monaten die Welt auf den Kopf gestellt hat. Donald Trumps Favorit für den Posten des neuen Papstes war der konservative New Yorker Erzbischof Timothy Dolan. Auch wenn Leo XIV. das 'Mitte-Links-Lager' in der Kirche vertritt, wird er mit seinem unberechenbaren Landsmann vermutlich besser kommunizieren als die meisten anderen. Unter den sowohl für die Anhänger von Franziskus' Linie als auch für die konservativeren Kräfte akzeptablen Kandidaten konnte man, wenn schon einer zur Hand war, eben auch einen Amerikaner wählen.“

Le Soir (BE) /

Abwarten, was der Kosmopolit sagt und tut

Le Soir rät vom Schubladendenken ab:

„US-Amerikaner? Das ist übertrieben für jemanden, der den größten Teil seines Lebens außerhalb der USA verbracht hat. Leo XIV. ist eher ein Globetrotter-Papst sowie ein Kosmopolit angesichts eines Vaters französisch-italienischer Abstammung, einer spanischstämmigen Mutter und 20 Lebensjahren, die er in Peru verbrachte, das zu seiner zweiten Heimat wurde. Konservativ? Fortschrittlich? Die Herrschaft von Papst Franziskus hat es uns gezeigt: Dieses Etikett kann nicht einseitig angehängt werden: Franziskus war in einigen Bereichen fortschrittlich und in anderen konservativ. Die bisherigen Positionierungen von Leo XIV. lassen vermuten, dass er diesen Kurs fortführen wird, aber wir werden dies erst anhand seiner künftigen Äußerungen und Initiativen erkennen.“