Ukraine: Welche Sicherheitsgarantien wären wirksam?
Nachdem sich auf diplomatischer Ebene die Friedensbemühungen durch die Gipfel von Alaska und Washington belebt haben, stehen nun die geplanten Sicherheitsgarantien des Westens für die Ukraine im Fokus der Beratungen. Europas Medien suchen Antworten auf die Fragen, wer in welcher Form in Zukunft Beistand leisten könnte und ob Russland sich davon auf Dauer auch abschrecken ließe.
Ohne US-Luftunterstützung wird das nichts
Allein von Europa getragene Sicherheitsgarantien werden nicht ausreichen, so The Times:
„Selenskyj sagte, dass 200.000 Soldaten erforderlich seien, um eine weitere russische Invasion abzuwehren. Die europäischen Staats- und Regierungschefs haben hingegen erklärt, dass es schwierig sei, eine Truppe von 10.000 Mann aufzustellen. Europa hat keine echte Strategie und keine Fähigkeit, die Ukraine zu schützen. ... Es hat keine andere Wahl, als über den Atlantik zu schauen. ... US-Flugzeuge, die in der Region, wenn nicht sogar direkt in der Ukraine stationiert sind, könnten in Kombination mit europäischen Soldaten vor Ort eine praktikable Lösung darstellen.“
Auch deutsche Soldaten müssen ran
Für einen Frieden in der Ukraine wird es auch die Bundeswehr brauchen, schreibt die Zeit:
„Eine Option ... wäre das Modell, das der französische Präsident Emmanuel Macron favorisiert: sogenannte Rückversicherungstruppen, die die ukrainische Armee ausbilden, unterstützen, aber abseits der dann eingefrorenen Frontlinie im Einsatz wären. Es wäre eine in erster Hinsicht symbolische Präsenz des Westens, die Putin abschreckt, weil er wissen soll: Wenn er neue Eroberungszüge erwägt, läuft er Gefahr, es mit Soldaten aus Nato-Ländern zu tun zu bekommen. ... In Frankreich hat Macron ... längst begonnen, seinen Landsleuten die Sinnhaftigkeit eines solchen Unterfangens zu erklären. ... Es wird höchste Zeit, dass auch die Bundesregierung Ideen entwickelt und diese kommuniziert.“
Papiertiger beeindrucken den Kreml nicht
Die aktuell diskutierten Sicherheitsgarantien bieten der Ukraine zu wenig Schutz, klagt Avvenire:
„Die Art und Weise, wie jetzt darüber gesprochen wird, bedeutet zunächst eines: kein Nato-Beitritt für die Ukraine. ... Nun heißt es, dass diese 'Garantien', die Wolodymyr Selenskyj zu Recht fordert, da er sein Land auch zur Verteidigung der europäischen Sicherheit eingesetzt hat, denen sehr ähnlich sein werden, die die Nato bieten könnte. Aber das beeindruckt den Kreml nicht, denn es ist nichts Neues. Bereits unter der Präsidentschaft von Petro Poroschenko (2014-2019) wurden die ukrainischen Streitkräfte verstärkt und vor allem so umstrukturiert, dass sie mit den Nato-Streitkräften zusammenarbeiten können.“
Trumps Wohlwollen von Europa erkauft
Die Kronen Zeitung verweist darauf, dass den USA die Teilnahme an den Sicherheitsgarantien finanziell versüßt wurde:
„Konkret ist ..., dass sich die USA nun doch an Sicherheitsgarantien für die Ukraine nach dem Krieg beteiligen wollen. ... Wie diese aussehen sollen, darüber wollen die westlichen Staaten in den nächsten zehn Tagen beraten. Von russischer Seite wird dazu bisher kein Widerstand gemeldet. Je kraftvoller die Sicherheitsgarantien sind, desto eher kann die Ukraine zu schmerzhaften Zugeständnissen bewegt werden. Detail am Rande: Die Teilnahme der USA an den Sicherheitsgarantien haben sich die Ukraine und Europa mit einem Waffengeschäft von 100 Milliarden Dollar in den USA erkauft, welches von Europa finanziert wird.“
Zuerst müssen die Waffen schweigen
TVNet fragt sich, ob es wirklich möglich ist, eine neue Sicherheitsarchitektur umzusetzen:
„Man darf nicht vergessen, dass Sicherheitsgarantien, solange die Kämpfe andauern, nur ein hypothetisches Konstrukt bleiben. Damit Garantien überhaupt in Kraft treten können, muss ein Weg zu einem Waffenstillstand oder zumindest einer eindeutigen Waffenruhe gefunden werden. Genau das ist die größte Frage in möglichen trilateralen Gesprächen zwischen der Ukraine, Russland und den westlichen Verbündeten: Ist es überhaupt möglich, eine ausreichend stabile Grundlage für den Aufbau einer neuen Sicherheitsarchitektur zu schaffen? Wenn man damit scheitert, bleibt das ganze Gerede über das europäische 'Fundament' und das amerikanische 'Dach' nur auf dem Papier.“
Wertlose Garantien gab es schon
Polityka hinterfragt den Wert neuer Sicherheitsgarantien ohne robuste Militärpräsenz:
„Ehrlich gesagt, hat die Ukraine solche Garantien, sowohl von Europa als auch von den USA, bereits erhalten, doch sie haben sich als Makulatur erwiesen. Das Budapester Memorandum von 1994 sah vor, dass Kyjiw im Gegenzug für den Verzicht auf Atomwaffen die Unverletzlichkeit seiner Grenzen zugesichert wird. Neben Amerika gaben auch Großbritannien und Russland dieses Versprechen. Doch Moskau hat es mit Füßen getreten.“