USA greifen iranische Atomanlagen an: Was folgt?

Die US-Luftwaffe hat sogenannte Bunkerbrecherbomben auf iranische Nuklearanlagen abgeworfen. Über das Ausmaß der verursachten Schäden, insbesondere an der in ein Bergmassiv eingefassten Anlage Fordo, gibt es vorerst keine Klarheit. Ziel der von Präsident Donald Trump angeordneten Aktion sei es gewesen, das Land an der Produktion von Atomwaffen zu hindern, die vom Iran bestritten wird. Europas Presse bewertet.

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Visão (PT) /

Es gab keinen anderen Weg

Visão begrüßt das Eingreifen der USA:

„Der Iran musste diese Lektion lernen. Jahrzehntelang hat er ungestraft terroristische Gruppen angeheizt, finanziert und beliefert. Sanktionen haben sich in fast allen Fällen als lächerlich unwirksam erwiesen – man denke nur an Russland. Nun ist es an der Zeit, zur Sache zu kommen: Eine der wichtigsten Quellen für die Lieferung von militärischem Gerät an verschiedene Gruppen in der Region muss gestoppt werden. Vor allem muss der Iran seine atomaren Träume aufgeben. Das alles ist weder gut noch beruhigend, aber es gab keinen anderen Weg.“

NRC (NL) /

EU muss das Völkerrecht hochhalten

NRC mahnt:

„Wie verwerflich ein Regime auch sein mag, wie bedrohlich ein anderes Land auch erscheinen mag, für einen Angriff sind rechtliche Beweise erforderlich. Das ist die andere Lehre aus dem Angriff auf Irak von 2003. ... Da Trump das Völkerrecht im Iran so beiseite schiebt, ist es von größter Bedeutung, dass die EU gerade standhaft bleibt. Der einzige Weg nach vorn sind Diplomatie und die Achtung der Menschenrechte und internationaler Abkommen. In Bezug auf Gaza hat die EU bereits schwer versagt. Wenn sie nun dasselbe mit dem Iran tut, trägt sie de facto dazu bei, die Tür zu einer Welt zu öffnen, in der nur das Gesetz des Stärkeren gilt. “

Neue Zürcher Zeitung (CH) /

Gewalt gebiert neue Gewalt

Die Neue Zürcher Zeitung vermisst eine politische Lösung in Nahost:

„Einen Krieg gegen den 'grossen Satan' werden die Mullahs propagandistisch ausschlachten. Armageddon ist die Spezialität religiöser Fanatiker. Obendrein können sie darauf vertrauen, dass auch die US-Luftwaffe keinen Regimewechsel herbeizubomben vermag. Nur mit Bodentruppen lässt sich eine Staatsführung stürzen. Im Irak haben die USA indes erfahren, dass sie alle Schlachten gewinnen und am Ende doch verlieren können. Amerika ergeht es wie Israel. Ohne politische Lösungen nutzt militärische Macht wenig. Ob Iran oder Gaza: Im Labyrinth des Nahen Ostens gebiert nackte Gewalt nur neue Gewalt.“

La Libre Belgique (BE) /

Vergeltungsschläge weltweit zu befürchten

La Libre Belgique ist besorgt:

„Vielleicht werden sich die USA damit begnügen, die Arbeit zu erledigen, für deren Vollendung Israel die Mittel fehlen, insbesondere die Zerstörung der bestgeschützten Nuklearanlagen durch ihre Bunkerbrecherbomben. Das Risiko, in einen langwierigen Konflikt hineingezogen zu werden und sich darin zu verstricken, besteht jedoch durchaus. … Die weiteren Folgen sind ungewiss und gefährlich. Es steht zu befürchten, dass der Iran mit den ihm zur Verfügung stehenden Waffen zurückschlagen wird: mit Terrorismus und, so muss man befürchten, auf Kosten unschuldiger Opfer auf der ganzen Welt.“

La Stampa (IT) /

Nachbarn verunsichert

Noch vor Kurzem versprach Trump der arabischen Welt Wohlstand und Frieden, nun hat er sie verunsichert, betont La Stampa:

„Jetzt vertritt er die israelische These: erst das Iran-Problem beseitigen, dann zum Thema regionale Zusammenarbeit zurückkehren, mit einem verkleinerten und gezüchtigten Iran. Die arabischen Länder am Golf hatten ihn mit offenen Armen und offenen Geldbörsen empfangen. Jetzt wägen sie ihre Solidarität mit dem Iran ab, sorgen sich um die Auswirkungen auf die Schifffahrt, das Öl und das Gas und hoffen, dass die Trump'sche Gleichung 'Frieden durch Stärke' schnell aufgeht. Sie wollten keinen atomar bewaffneten Iran, aber sie wissen, dass weder die USA noch Israel einen Plan für die Zeit danach haben.“

Sydsvenskan (SE) /

Vom Frieden geredet und in den Krieg gezogen

Sydsvenskan schaut auf die Kehrtwende in Trumps Außenpolitik:

„In seiner Antrittsrede im Januar versprach er, die Kriegstreiber aus dem Weißen Haus zu werfen und den Weltfrieden wiederherzustellen. Die Entscheidung, sich in den Krieg einzuschalten, wird auch von einflussreichen Personen in seinen eigenen Reihen heftig kritisiert, so von seinem ehemaligen Stabschef Steve Bannon und dem Fernsehstar Tucker Carlson. Und wahrscheinlich auch von vielen seiner Anhänger. ... [Trump] wollte den Nahen Osten befrieden, stattdessen nehmen die Spannungen zu und es ist mit Vergeltungsschlägen zu rechnen, vom Iran wie auch von dessen Statthaltern in der Region.“