Palästina-Anerkennung: Starmer macht Druck
Großbritannien hat in Aussicht gestellt, Ende September vor der UN-Generalversammlung Palästina als Staat anzuerkennen. Vor wenigen Tagen erst hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron eine ähnliche Ankündigung gemacht. Premierminister Keir Starmer sagte allerdings, dies geschehe nur, wenn Israel keine wesentlichen Schritte zur Verbesserung der Lage im Gazastreifen unternehme. Wie bewerten die Medien diese Initiative?
Macrons Impuls zeigt Wirkung
Frankreichs Präsident hat in dieser Frage als Zugpferd fungiert, analysiert La Repubblica:
„Der pro-palästinensische Aufstand in der Labour-Partei (über 150 Abgeordnete und wichtige Minister wie die Vize-Premierministerin Angela Rayner) spielte eine entscheidende Rolle für Starmer. … Darüber hinaus hatte die Partei im vergangenen Jahr die Anerkennung Palästinas in ihr Regierungsprogramm aufgenommen. Gleichzeitig dreht sich der Wind in Europa. Macron kann nach seinem diplomatischen Wagnis vor wenigen Tagen einen Erfolg verbuchen. Der französische Staatschef wurde als tollkühn bezeichnet, Trump warf ihm vor, 'kein Gewicht' zu haben. Die symbolische Geste Frankreichs erwies sich jedoch sowohl auf politischer Ebene als auch in der öffentlichen Meinung als überwältigend.“
Geschichtliche Verantwortung anerkannt
Starmers Vorstoß ist lobenswert und richtig, so The Independent:
„Die Zweistaaten-Lösung ist nach wie vor die einzig logische Lösung. Es bedarf eines mächtigen und angesehenen Regierungschefs, der diese Position ruhig und überzeugend erneut betont. Wenn dies vorerst kein US-amerikanischer Staatschef macht, dann eben ein britischer. Diese Aufgabe kommt Starmer nun zu, da er sich schnell auf der Weltbühne etabliert hat, das Vertrauen von Präsident Trump genießt und in gewisser Weise der historischen Rolle Großbritanniens gerecht wird. ... Großbritannien war die letzte Kolonialmacht, die Palästina 1948 hastig an die UNO abtrat und vieles ungeregelt hinterließ. Starmer geht ein Risiko ein, sowohl in der Region als auch innerhalb seiner eigenen Partei. Er verdient volle Unterstützung.“
Paris und London auf dem richtigen Weg
Den Absichtserklärungen müssen Neuanfänge in Nahost folgen, urteilt der Experte für internationale Beziehungen, Dominique Moïsi, in Ouest-France:
„Frankreich steht mit seinem Vorgehen nicht allein da. … Ein zweites Mitglied der G7, Großbritannien, hat soeben seine Position geändert. … Natürlich lässt sich das komplexeste geopolitische Problem der Welt nicht durch bloße Absichtserklärungen lösen. ... Doch der Ansatz des französischen Präsidenten geht in die richtige Richtung. Letztendlich braucht die Region einen dreifachen Regime- bzw. Regierungswechsel: im Iran, in Israel und bei den Palästinensern. ... Denn die Mullahs, die Regierung Netanjahus und die Hamas stellen jeweils auf ihre Weise eine Bedrohung für ihre jeweilige Bevölkerung dar – und ein Hindernis für jede Hoffnung auf Frieden.“
Nicht genug, um Gaza-Krieg zu beenden
Die Anerkennung Palästinas ist für De Standaard überfällig, aber unzureichend:
„Der Krieg in Gaza hat der Anerkennung Palästinas eine Bedeutung verliehen, die sie eigentlich nicht haben sollte. Der Schritt wird nun als eine Aktion gesehen, mit dem Israels Untaten angeprangert werden. Doch die Anerkennung Palästinas macht lediglich die jahrelange einseitige und pro-israelische Herangehensweise an den Konflikt rückgängig. Sie ist das Minimum, um einer Lösung näher zu kommen, und sollte völlig losgelöst vom Krieg stehen. Die Beendigung des Krieges erfordert weit mehr als die Korrektur eines jahrelangen Versäumnisses.“
Zum Scheitern verurteilt
Starmers Plan ist unrealistisch, urteilt The Daily Telegraph:
„In Jerusalem werden die Forderungen von Keir Starmer mit Unglauben quittiert werden: Sie wirken wie ein Ultimatum, das nur an eine Seite gerichtet und durch die willkürliche Frist der UN-Generalversammlung diktiert wird. Der Premierminister scheint sich Emmanuel Macron anzuschließen, anstatt auf Donald Trump zu hören, der bereits angekündigt hat, dass er ein solches Abkommen über die Anerkennung Palästinas mit seinem Veto blockieren wird. ... Der Friedensplan von Starmer wirkt bestenfalls wie ein naiver Versuch, sich einen Platz am Verhandlungstisch zu sichern, schlimmstenfalls wie ein kalkulierter Vorstoß, um die Pro-Gaza-Fraktion der Labour-Partei zu beschwichtigen. Sir Keir dürfte an beiden Fronten scheitern.“