Frieden zwischen Aserbaidschan und Armenien
Armeniens Premier Nikol Paschinjan und Aserbaidschans Präsident Ilham Alijew haben in Washington ein von den USA vermitteltes Friedensabkommen unterzeichnet. Laut US-Präsident Trump verpflichteten sie sich, alle Kämpfe für immer einzustellen sowie Handel, Reiseverkehr und diplomatische Beziehungen aufzunehmen und die Souveränität und territoriale Integrität des jeweils anderen zu respektieren. Eine Chance für die Region?
Gefährlicher Präzedenzfall
Kritisch kommentiert Politiken das Abkommen:
„Die gemeinsame Erklärung birgt auch Gefahren. Sie duldet im Grunde Aserbaidschans Eroberung Bergkarabachs und tut nichts für die rund 150.000 Armenier, die 2023 aus dem Gebiet geflohen sind. Dass sich Krieg und militärische Eroberung auf diese Weise auszahlen und die vor ethnischen Säuberungen Geflohenen ihr Recht auf ihre Heimat verlieren, ist, gelinde gesagt, ein schlechtes globales Signal in Zeiten des Gaza-Krieges und des Ukraine-Krieges. Weder Eroberungskriege noch die Vertreibung von Völkern sollten in irgendeiner Weise belohnt werden.“
Positiv und fragwürdig zugleich
Die im Abkommen beschlossene Handelsroute „Trump Route for International Peace and Prosperity“ (TRIPP) soll durch armenisches Gebiet führen und Aserbaidschan Zugang zu seiner Exklave Nachitschewan ermöglichen. Dies wirft Fragen auf, schreibt Új Szó:
„Das bereits unterzeichnete aserbaidschanisch-armenische Abkommen ist eine positive Entwicklung: Es könnte einem der blutigsten Konflikte im Kaukasus ein Ende setzen. Allerdings sind die Details verwirrend unklar. Das Schlüsselelement, die 'Trump-Route', die einen neuen Verkehrs- und Handelskorridor (Sangesur-Korridor) eröffnen würde, wirft für Jerewan tatsächlich ernsthafte verfassungsrechtliche und Souveränitätsfragen auf. Und aus dem Hintergrund tritt das Ziel der USA klar hervor: die Positionen Irans und Russlands im Südkaukasus weiter zu schwächen.“
Paschinjan ist der Mann des Tages
In den höchsten Tönen lobt T24 den armenischen Premier Paschinjan:
„Fünf Putschversuche abwehren. Aus dem Krieg mit dem größten Feind des Landes mit einer Niederlage hervorgehen, aber seinen Posten behalten und daraus Lehren ziehen. Die nationale Identität neu definieren. Mit der Diaspora und der Kirche auf Konfrontation gehen. Die Unabhängigkeit von Russland erklären. Ein Abkommen mit den USA und Aserbaidschan im Kaukasus schließen. Engere Beziehungen zur Türkei aufbauen als je zuvor. ... All dies hat der armenische Premierminister Paschinjan in sieben Jahren geschafft und versucht nun, sein Land von Grund auf neu aufzubauen.“
Neuanfang für Südkaukasus
Nahostexperte Ihor Semywolos analysiert in einem von NV übernommenen Facebook-Post:
„Beide Länder erhalten die Chance auf ein friedliches Zusammenleben, doch entscheidend ist, ob sie diese nutzen. Armenien erhält Zugang zum türkischen Markt, was sich eindeutig positiv auf die wirtschaftliche Lage auswirken wird. ... Aserbaidschan wird seinen Status als einflussreiche Regionalmacht bestätigen. Noch wichtiger aber ist, dass Russland sein exklusives Recht auf die Region verliert, was einen neuen Abschnitt in der Entwicklung des Südkaukasus einläutet. Das ist ein außergewöhnlicher Moment – praktisch der erste seit dem Erscheinen russischer Truppen vor drei Jahrhunderten in dieser Region.“
Baku wendet sich von Moskau ab
Aserbaidschan hat genug von Russland, schreibt Rzeczpospolita:
„Der Weg zum Abkommen von Washington wurde durch die seit Ende letzten Jahres eskalierende Konfrontation zwischen Moskau und Baku geebnet. Noch im Herbst 2020, nachdem die Aserbaidschaner die armenischen Streitkräfte in Bergkarabach besiegt hatten, unterzeichneten beide Präsidenten ein Waffenstillstandsabkommen in Anwesenheit von Wladimir Putin. Doch Ende letzten Jahres schossen die Russen zunächst versehentlich ein aserbaidschanisches Passagierflugzeug ab und ermordeten dann bei Razzien gegen Einwanderer zwei in Russland lebende Aserbaidschaner. Da es weder zu einer Änderung der russischen Politik noch zu einer Entschuldigung oder Entschädigung für die Familien der Opfer kam, wandte sich der aserbaidschanische Präsident Ilham Alijew an Washington.“
Nichts als PR für Trump
Dieses Friedensabkommen dient einzig und allein dem Ziel, positive Schlagzeilen für den US-Präsidenten zu produzieren, kritisiert news.bg:
„Der Mann, der die Verhandlungen auf amerikanischer Seite leitet, Steve Witkoff, ist bereits bei seinen anderen diplomatischen Bemühungen zur Beendigung der Kriege in der Ukraine und im Gazastreifen gescheitert. Das lässt erahnen, warum Washington aus den Fortschritten in den bilateralen Verhandlungen zwischen Erewan und Baku Kapital schlagen will. Trump muss dringend zeigen, dass seine Diplomatie zur Konfliktlösung auch positive Ergebnisse erzielen kann.“