Trump sagt Budapest-Treffen mit Putin ab
Donald Trump will sich vorerst nicht mit Wladimir Putin treffen. Seine Gespräche mit ihm seien zwar gut, aber sie führten zu nichts, so der US-Präsident. Auch haben die USA den Druck auf Russland erhöht. Erstmals seit Trumps zweitem Amtsantritt wurden neue Sanktionen wegen des Angriffskriegs in der Ukraine verhängt: Sie gelten den beiden größten russischen Ölkonzernen Lukoil und Rosneft. Wie beurteilt Europas Presse die Absage des Budapest-Gipfels?
Aus dem Gaza-Deal gelernt
Trump orientiert sich nun am Vorgehen, das in Nahost zum Erfolg führte, meint Jutarnji list:
„An dem Friedensabkommen [zwischen Israel und Hamas] arbeitete eine Reihe von Ländern mit, die finale Version unterscheidet sich von der ersten, die in der Öffentlichkeit zirkulierte, und Trump sah, wie an entscheidenden Details gefeilt wurde. Möglich, dass er gelernt hat, dass er neben der eigenen Eitelkeit auch an US-Interessen denken sollte und die Pläne mächtiger, 'befreundeter' Leader in den Hintergrund rücken sollten. ... Er übte Druck auf Benjamin Netanjahu aus – vielleicht hat er nun erkannt, dass er so auch Putin begegnen sollte; und wie er bei Gaza die Standpunkte der Araber berücksichtigt hat, sollte er bei der Ukraine vielleicht auch auf Kyjiw und Europa hören.“
Nun verhandeln die Richtigen
Corriere della Sera sieht Anlass zu Optimismus:
„Gerade weil die nur als Show geplanten Treffen abgesagt werden. Sie wurden abgesagt, weil das 'Dossier' zur Ukraine aus den Händen von Trump in die weitaus kompetenteren Hände des US-Außenministers Marco Rubio übergegangen ist, der es mit dem gut geschulten russischen Außenminister Sergej Lawrow bespricht. Das ist es, was einen Hoffnungsschimmer entfachen kann. Derweil Europa und die Nato, obwohl sie erschöpft sind, ein überraschendes Maß an Geschlossenheit bewahrt haben. … Und Selenskyj eine bis gestern unvorstellbare Offenheit zeigt und die Kunst gelernt zu haben scheint, die unverhohlene Abneigung des US-Präsidenten ihm gegenüber zu überspielen und dessen Zorn zu beschwichtigen.“
Russland zum Einlenken zwingen
Europa muss den Waffenstillstand entlang der Frontlinie durchsetzen, fordert Avvenire:
„Nun muss die EU zusammen mit Großbritannien und anderen die Aufgabe übernehmen, Russland zu einem Abkommen zu zwingen, das zwar nicht perfekt ist, aber alle Beteiligten zufriedenstellt, ohne die Grundsätze der Gerechtigkeit und des Völkerrechts aufzugeben. ... Alle besetzten Gebiete würden unter Kontrolle und Verwaltung Moskaus bleiben, ohne offizielle Anerkennung. Es würde die Bildung einer Vermittlungsgruppe folgen, Sicherheitsgarantien für Kyjiw samt Beitritt zur EU (aber nicht zur Nato) und die schrittweise Aufhebung der Sanktionen gegen Russland. Warum sollte Putin sich mit diesem für ihn wenig ruhmreichen Ergebnis abfinden? Weil das gestiegene Maß an wirtschaftlichem Druck, politischer Isolation und militärischer Stärke der Ukraine es ihm nicht erlauben würde, den Konflikt lange fortzusetzen.“
Das träge Europa muss sich aufraffen
Auch Le Monde ruft die EU auf, Verantwortung zu zeigen:
„Wird Europa endlich seine Chance in diesem Krieg nutzen, der in erster Linie ein europäischer ist und in dem Russland es immer direkter angreift? Erschöpft von den unerbittlichen russischen Angriffen, zählen die Ukrainer auf Europa, können aber ihre Enttäuschung über dessen politische und militärische Trägheit immer weniger verbergen. Hin- und hergerissen zwischen der Erkenntnis, dass sie ihre Verteidigung selbst sicherstellen müssen, und der panischen Angst, von ihrem amerikanischen Beschützer im Stich gelassen zu werden, bevor sie dazu bereit sind, akzeptieren die Europäer alle Launen der USA, so plump sie auch sein mögen.“
Traum des US-Präsidenten ist geplatzt
Der Krieg wird noch lange dauern und kann eskalieren, schlussfolgert Chefredakteur Jordi Juan in La Vanguardia:
„Die Absage des Treffens ist der endgültige Beweis dafür, dass es im Ukraine-Krieg unmöglich ist, auch nur ein minimales Waffenstillstandsabkommen zu erzielen. Trump kann sich nicht erneut blamieren, indem er einen zweiten Alaska-Gipfel wiederholt. ... Trumps Träume, hier eine Einigung wie in Ägypten zu erzielen, sind ausgeträumt. ... Er scheint des europäischen Krieges überdrüssig zu werden, und sein Interesse richtet sich nun stärker auf Kolumbien und Venezuela. Und derweil zerrt Russland mit seinem hybriden Krieg weiterhin an Europas Nerven. Der Konflikt zieht sich nicht nur hin, sondern ist auf dem besten Weg, sich zu verschärfen.“
Ein falscher Frieden führt nur zum nächsten Krieg
Europa sollte froh sein, dass das Treffen vorerst nicht stattfindet, findet der Tagesspiegel:
„Eine nüchterne Analyse der Lage zwingt ... zu der Einsicht, dass bei einem falschen Ende das Morden und Sterben bald weitergeht, womöglich in größerem Umfang. ... Auf sich gestellt sind Deutschland und die übrigen europäischen Nato-Staaten heute nicht fähig, das Bündnisgebiet zu verteidigen. [Sie sind] darauf angewiesen, dass die Ukraine weiterkämpft – und ihnen die Zeit schenkt, ihre vernachlässigten Fähigkeiten zu Verteidigung und Abschreckung wieder aufzubauen. Denn solange die Ukraine kämpft und Putins Truppen bindet, kann der schwerlich eine zweite Front eröffnen. Deshalb ist es eine gute Nachricht, dass das Gipfeltreffen Trump-Putin in Budapest nicht zustande kommt.“
Frieden bleibt eine Fata Morgana
Neatkarīgā analysiert, warum das Treffen vorerst geplatzt ist:
„Putin bot Trump ein weiteres Treffen an. ... Trump stimmte zu, allerdings unter der Bedingung, dass die Außenminister beider Länder nicht nur die Tagesordnung im Voraus abstimmen würden, sondern auch das zuvor erstellte Dokument über die Einstellung der Kriegshandlungen und die Bedingungen des Waffenstillstands, das dann bei diesem Treffen unterzeichnet werden könnte. Es lässt sich bereits jetzt mit hoher Wahrscheinlichkeit vorhersagen, dass ein solches Dokument nicht abgestimmt wird, denn nichts (außer Putins jüngstem Anruf bei Trump) deutet darauf hin, dass Putin bereit wäre, von seinen Bedingungen abzuweichen ... So ist klar, dass der Frieden in der Ukraine vorerst eine eher vage Fata Morgana ist.“
Keiner kann Druck auf Putin ausüben
Trump will offenbar ein Rezept anwenden, mit dem er kürzlich erfolgreich war, beobachtet der Standard:
„Er sei nur für einen Waffenstillstand entlang des gegenwärtigen Frontverlaufs. Den solle man einmal beschließen und alles Weitere könne man verhandeln. Das wäre das Erfolgsrezept von Gaza, wo Trump tatsächlich durch Druck auf Benjamin Netanjahu und Druck der arabischen Staaten auf die Hamas einen Waffenstillstand und die Geiselbefreiung erreicht hatte. Offenbar will Trump auch hier Druck auf einen Verbündeten ausüben, dieses Mal nicht Israel, sondern die Ukraine. Die Lage ist jedoch trotzdem eine ganz andere, da der Aggressor Russland nicht so schwach ist wie die Hamas und weit und breit niemand da ist, der erfolgreich Druck auf Putin ausüben könnte.“
Trumps Glaube an den Kreml hat Grenzen
Früher oder später wird Trump echten Druck auf Putin ausüben müssen, meint Politologe Serhij Taran in einem von Espreso übernommenen Telegram-Post:
„Je länger Trump an wundersame Treffen mit Putin glaubt, desto schneller wird aus 'Bidens Krieg' 'Trumps Krieg'. Deshalb denke ich, dass dieser Glaube nicht ewig anhalten wird. Jedes Mal, wenn Trump Ergebnisse erhält, die seinen Erwartungen widersprechen, wird er gezwungen sein, über Alternativen zur sanften Diplomatie nachzudenken. Allerdings dürfte dieser Umdenkprozess länger dauern, als man es sich wünscht.“
Bitte endlich eingefrorene Vermögen nutzen!
Eine Beschlagnahmung der eingefrorenen Gelder würde den Krieg für Russland verteuern, erinnert Aamulehti:
„Das würde natürlich gegen internationales Eigentumsrecht verstoßen. Aber gegen internationales Recht verstößt auch, dass Russland ohne Grund ein anderes Land angreift und versucht, durch Krieg die anerkannten Staatsgrenzen zu verändern. Durch die Beschlagnahmung russischer Vermögenswerte würde die EU Russland zeigen, dass sie es mit der deutlichen Stärkung der Verteidigung der Ukraine und Europas ernst meint. Die Beschlagnahmung würde den Angriffskrieg für Russland fast doppelt so teuer machen, den Zusammenbruch der russischen Kriegswirtschaft und das Ende des Kriegs beschleunigen.“