Werden sich Xi und Trump einig?

Im Zollstreit zwischen den USA und China sprechen beide Seiten davon, kurz vor einer Einigung zu stehen. Am 30. Oktober sollen sich die Präsidenten Trump und Xi in Südkorea treffen. Am Montag schloss Trump allerdings mit Japan ein Abkommen über seltene Erden, das angesichts von Chinas jüngsten Exportbeschränkungen durchaus als Pakt gegen Peking verstanden werden kann.

Alle Zitate öffnen/schließen
Dserkalo Tyschnja (UA) /

Schaukelpolitik geht nicht auf

Der Gipfel wird kein Wendepunkt sein, prophezeit Diplomat Serhij Korsunskyj in Dserkalo Tyschnja:

„Von einer Erneuerung der globalen Sicherheits- oder Handelsarchitektur ist derzeit nicht einmal theoretisch die Rede. Die 'Trump-Schaukel', die zum Markenzeichen seiner zweiten Amtszeit wird, lässt keine klaren Vorstellungen von den Feinheiten seines Plans zu: Erst werden 100-prozentige Zölle angekündigt und der Sinn eines Treffens infrage gestellt, dann wird der chinesische Staatschef als starker Führer bezeichnet, mit dem man unbedingt verhandeln müsse. Auf der chinesischen Seite ist alles deutlich durchschaubarer: Das Reich der Mitte wird von jedem Szenario profitieren, in dem die USA sich aus der Welt zurückziehen.“

Süddeutsche Zeitung (DE) /

Chinas Regime wird gestärkt

Für die USA wird es eng, glaubt die Peking-Korrespondentin der Süddeutschen Zeitung, Lea Sahay:

„Xi Jinping folgt ... seinem Mantra: Schwäche und Zugeständnisse führen letztlich zu Unsicherheit. ... [D]as Gefühl, durch Trumps erratische Politik erneut von ausländischen Mächten gedemütigt und kleingehalten zu werden, wie es China in seiner Geschichte schon erlebt hat, stärkt die Loyalität gegenüber der Regierung. ... Peking nutzt dieses Gefühl der ungerechten Behandlung, um die Bevölkerung auf schwierige Jahre einzuschwören. Auch im kommenden Fünfjahresplan hat der Umbau zur Tech-Supermacht höchste Priorität. ... Ob die Vereinigten Staaten, gefangen in ihren Kulturkämpfen, mit dieser Entschlossenheit mithalten können, ist fraglich.“

Naftemporiki (GR) /

Zugeständnisse sind ein Muss

Laut Naftemporiki bleibt den beiden Mächten nichts anderes übrig als sich zu verständigen:

„Auch die Chinesen wollen eine Einigung in der Ukraine, weil sie in die Seidenstraße investiert haben und Europa nicht in Trümmern sehen wollen. Peking handelt realistisch und unternehmerisch und weiß, dass Frieden für den Wohlstand eines Landes viel vorteilhafter ist als Krieg. ... Die beiden größten Volkswirtschaften haben jedes Interesse daran, realistische Beziehungen untereinander aufrechtzuerhalten, um ihre Interessen zu stärken. Die USA und China glauben, dass eine vollständige Trennung unmöglich ist, und sind daher gezwungen, einen Weg zu finden, dies zu vermeiden, indem sie einander Zugeständnisse machen.“

Expressen (SE) /

EU ohne Strategie im Handelskrieg

Die EU kann es sich nicht leisten, sich auf eine Seite zu schlagen und wirkt planlos, schreibt Expressen:

„Um Trump bei Laune zu halten, hat Ursula von der Leyen im Frühjahr und Sommer in mehreren Reden China scharf angegriffen, Zölle auf chinesische Elektroautos und Stahl verhängt, Sanktionen gegen Banken verhängt, chinesische Investitionen abgelehnt und so weiter. ... Das lag nicht an einer beschlossenen EU-Strategie. Die EU hat nie eine Strategie entwickelt. Stattdessen haben die EU-Staats- und Regierungschefs vor jeder neuen Situation ein wenig nachgedacht – und sich dann dafür entschieden, Donald Trump bei Laune zu halten. ... Vielleicht ahnen die Spitzenpolitiker, dass dieser Plan Mängel hat. Den ganzen Herbst über sind sie nach Peking gereist, um die nationalen Geschäfte mit China fortzusetzen.“

The Irish Times (IE) /

Spannungen dürften anhalten

Eine fragile Gemengelage beobachtet The Irish Times:

„Peking hat den USA, die seit langem den Export von Technologien wie High-End-Halbleitern nach China beschränken, klar signalisiert, dass es dieses Spiel nun ebenfalls beherrscht. Es steht viel auf dem Spiel, und die Spannungen dürften anhalten. Eine Eskalation des Handelskriegs könnte dazu führen, dass die USA weitere Technologieexporte nach China blockieren oder ihre Kontrolle über den Dollar nutzen, um Teile des chinesischen Bankensystems lahmzulegen. Peking wiederum könnte mit einem Lieferstopp seltener Erden reagieren, die die US-amerikanische Rüstungs- und Autoindustrie dringend benötigt. Eine solche Eskalation kann sich keine der beiden Seiten leisten.“

Die Presse (AT) /

Europa kann profitieren, muss sich aber bewegen

Die Presse sieht jetzt eine Chance für die EU:

„Denn je mehr die USA mit Zollbarrieren Partner vergrault, je stärker China sein wahres, autokratisches Gesicht zeigt, umso attraktiver kann Europa erscheinen. Immer mehr Länder auf der Welt suchen Partner. Der 'alte Kontinent' aber wirkt nur glaubhaft, wenn Brüssel sein Lastenheft weiter abarbeitet. Die EU muss neue Märkte öffnen, etwa durch abgespeckte Freihandelsverträge. ... Das ist Schwerstarbeit: Es geht nur ohne erhobenen Zeigefinger und mit Zugeständnissen. Afrika, Zentralasien und der arabische Raum müssen stärker ins Auge gefasst werden. Zeitgleich müssen Forschung und Entwicklung in Europa unter Hochdruck ausgebaut werden, auch durch das Anlocken von Wissenschaftlern, die die USA verlassen.“

Corriere della Sera (IT) /

Deal Ukraine gegen Taiwan?

Die US-Sanktionen gegen russische Ölkonzerne geben Xi Jinping einen weiteren Hebel in die Hand, schreibt Corriere della Sera:

„Indem er die Verbote für russisches Rohöl einhält, kann er Wladimir Putin zwingen, die Aggression aus Geldmangel einzustellen. Aber wird er das tun? Im Falle des Iran, der seit 2012 den aktuellen Ölsanktionen unterliegt, hat China bereits gezeigt, dass es bereit ist, westliche Beschränkungen zu ignorieren: Von den umfangreichen iranischen Ölexporten kauft es mindestens 90 Prozent. ... Aber auch in Bezug auf die Ukraine kann Xi letztlich seinen Preis für die Einhaltung der US-Verbote nennen: Er will, dass die USA formell ihre 'Ablehnung' der Unabhängigkeit Taiwans erklären.“