Portugal ist "beste Wirtschaft 2025": Was heißt das?
Das britische Magazin The Economist hat Portugal zur besten Volkswirtschaft des Jahres gekürt. Bewertet wurden 36 wohlhabende Staaten. Die Regierung in Lissabon hat die Auszeichnung zum Anlass genommen, sich selbst für ihre Arbeit zu loben. Portugiesische Medien sehen das teilweise anders.
Wer spürt das hier wirklich?
Ein vollständigeres Bild fordert der Jurist Fábio Pimentel in Público:
„Die Regierung feiert die internationale Anerkennung mit der Begeisterung derer, die externe Bestätigung für intern umstrittene Maßnahmen gefunden haben. Premier Luís Montenegro spricht von einer 'gerechten Würdigung der Verdienste und der Arbeit der Portugiesen'. Aber welcher Portugiesen genau? The Economist bewertet Volkswirtschaften anhand von fünf Indikatoren: Inflation, BIP, Beschäftigung, Börse und Abweichung vom Inflationsziel. Das sind zwar valide, aber unvollständige Messgrößen. Sie erfassen nicht die prekäre Lage derjenigen, die ihre Miete nicht bezahlen können und berücksichtigen nicht die jungen Talente, die auswandern. ... Sie messen die Wirtschaft, die für Investoren interessant ist, nicht unbedingt die, die für die Bürger interessant ist.“
Nur für Touristen ein Paradies
Auch für Correio da Manhã hat es einen bitteren Beigeschmack, wer da ausgezeichnet wurde:
„Eine Wirtschaft, die nicht wächst, aber gut für wohlhabende Touristen ist, die Goldene Visa kaufen und keine Steuern zahlen wollen. Eine Wirtschaft mit Vollbeschäftigung, voller migrantischer Arbeitskräfte, die die Regierung in ihre Heimatländer zurückschicken will. Eine Wirtschaft, die der Welt zeigt, wie schön es ist, in Portugal zu leben, die aber nicht in der Lage ist, einen erschwinglichen Wohnungsmarkt zu schaffen. Eine Wirtschaft, die den Reichtum nicht verteilt, sondern bei den üblichen Verdächtigen konzentriert, Junge ins Ausland und Menschen aus den Stadtzentren vertreibt, deren öffentliche Dienstleistungen heruntergewirtschaftet sind und die vom Geld aus den EU-Resilienz-Töpfen abhängig ist.“
Triumph der einstigen Schmuddelkinder
Nach Griechenland und Spanien ist Portugal das dritte ehemalige Eurokrisenland, das es auf den Spitzenplatz schafft. Diese Entwicklung findet Expresso bemerkenswert:
„Innerhalb eines Jahrzehnts hat das calvinistische Europa das Steuer an die schlechten Schüler aus dem Süden abgegeben, die harte Rettungsmaßnahmen erdulden mussten, das Finanzsystem sanierten, versuchten, die öffentlichen Finanzen in Ordnung zu bringen und Wege zum Wachstum zu finden.“