Weihnachtsmagie oder Konsumschlacht?
Preisvergleiche und Schnäppchenjagd bestimmen für viele Menschen die Vorbereitung auf die Feiertage, während der Zauber von Weihnachten zu schwinden scheint. Zwischen Sonderangeboten und Wunschzetteln geraten Zeit, Aufmerksamkeit und echte Begegnungen aus dem Blick. Europäische Kommentatoren machen sich Gedanken dazu.
Weniger Einkauf, mehr gemeinsame Zeit
Laut einer Umfrage in Polen will jeder Zweite dieses Jahr zu Weihnachten weniger ausgeben als im vergangenen Jahr. Gość Niedzielny kann dem Gutes abgewinnen:
„Sparen muss nicht unbedingt bedeuten, dass es weniger festlich zugeht. Es kann sogar das Gegenteil der Fall sein – dass wir aufhören, uns mit Dingen zu bevorraten, die uns eine bestimmte Atmosphäre bescheren sollen, und dass wir stattdessen beginnen, diese Stimmung selbst zu schaffen. Dass wir weniger Zeit in Geschäften verbringen und mehr Zeit am Tisch. Dass wir statt zu fragen: 'Was soll ich wem kaufen?', uns die Frage stellen: 'Wem fehlt eigentlich Zeit mit mir?'“
Fest der Liebe als Stressquelle
Auch in der Slowakei schauen die Menschen genauer auf den Preis, beschreibt Új Szó:
„47 Prozent der Befragten suchen aktiv nach günstigeren Angeboten und Sonderaktionen und vergleichen die Preise, bevor sie sich entscheiden. Dies ist nicht mehr die Romantik der Weihnachtsvorbereitungen, sondern eine Überlebensstrategie. Dies wird auch durch den Vormarsch praktischer Geschenke deutlich. Wir suchen keine Luxusartikel, sondern nützliche Gegenstände. ... So kann Weihnachten leicht zu einer weiteren Stressquelle werden, bei der das Fest der Liebe vom Preiszettel und vom Kontostand überschattet wird.“
Die unsichtbare Arbeit von Frauen
Gražina Bielousova, Anthropologin für Politik und Religion an der Uni in Vilnius, wagt in LRT einen Blick hinter die weihnachtliche Kulisse:
„Selten wird gefragt: Durch wessen Arbeit und Sorge wurde und wird diese festliche Magie geschaffen? Die Antwort ist einfach: Jedesmal, wenn wir von festlicher Magie, Geist oder Authentizität sprechen, verbirgt sich hinter diesen klangvollen Worten die unsichtbare Arbeit von Frauen. In der Weihnachtszeit müssen Frauen zu 'Weihnachtsmännern' werden. So wie Kinder den Weihnachtsmann durch Geschenke wahrnehmen, ohne darüber nachzudenken, wer sie gekauft, verpackt, transportiert und überreicht, wollen auch wir nur den reich gedeckten Tisch sehen, die geschmückten Wohnungen und das Fest. ... Doch wir fragen selten, wer all das leistet – und wie viel still geopfert wird, damit dieses Fest überhaupt stattfinden kann.“
Weihnachtliches Müllfest
Der Lichterglanz der Weihnachtszeit verursacht viel zu viel Abfall, mahnt The Guardian:
„Es steht außer Frage, dass batteriebetriebene und elektrische Spielzeuge, Lichter und Geschenke sich stärker denn je verbreiten. Trotz zahlreicher Appelle, den Konsum in der Festzeit zu drosseln – insbesondere überflüssige Verpackungen und Müll zu vermeiden –, haben Einweg-Lichterketten und blinkende Figuren weiter an Beliebtheit gewonnen. Häuser, Vorgärten und Einkaufsstraßen funkeln von Jahr zu Jahr mehr. Batterien und elektrische Geräte stellen bei der Entsorgung jedoch eine besondere Herausforderungen dar. ... Jeder Einzelne kann beim Thema Abfall jedoch etwas bewirken, indem er entscheidet, was er kauft, behält oder entsorgt.“
Nachhaltigkeit killt den Zauber
Die Weihnachtszeit verliert zunehmend an Glanz und schuld ist das Nachhaltigkeitsstreben, kritisiert The Spectator:
„Im Jahr 2022 verabschiedete sich [der Süßigkeiten-Anbieter] Quality Street zugunsten von billig wirkendem, mattem Papier von seinen glänzenden Knitterverpackungen. Die Verpackungen sehen heute eher nach umweltfreundlichem Toilettenpapier aus als nach köstlichen Weihnachtsleckereien. Doch nicht nur Schokolade ist nicht mehr das, was sie einmal war. Energiesparende LED-Lichterketten haben nicht mehr das warme Leuchten der Lichter, mit denen wir aufgewachsen sind. ... Schließlich erkennen wir, dass unser Leben und unsere Weihnachtszeit weniger angenehm, mühsamer und immer teurer geworden ist, und das alles ohne nennenswerten Nutzen.“