Ungarn droht EU-Rechtsstaatsverfahren

Der Justizausschuss des EU-Parlaments hat am Montag für die Einleitung eines Rechtsstaatsverfahrens nach Artikel 7 des EU-Vertrags gegen Ungarn gestimmt. Damit droht dem Land der Entzug der Stimmrechte in der EU aufgrund schwerwiegender Verletzungen europäischer Werte. Die regierungsnahe ungarische Presse wittert eine Verschwörung.

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888.hu (HU) /

EU will uns ihre "Werte" aufdrücken

Das EU-Parlament führt eine schmutzige Kampagne gegen Ungarns Regierung, schimpft der Jurist Miklós Szántho auf dem regierungsnahen Portal 888:

„Das Hauptproblem ist, dass eine Weltanschauungsdebatte, über die Auffassung von Demokratie und die Souveränität der Nationalstaaten, in ein juristisches Mäntelchen gehüllt werden soll. Die Werkzeuge hierfür sind die im 2. Artikel des EU-Vertrags aufgeführten, bei näherem Hinsehen aber von niemandem jemals genau definierten, sogenannten 'Europäischen Werte', wie 'Demokratie', 'Gleichberechtigung', 'Rechtsstaatlichkeit', 'Menschenrechte' oder 'Gerechtigkeit'. Auch wenn die Elite der EU behauptet, dass es über diese Begriffe zwischen den Mitgliedstaaten einen Konsens gibt, ist das nicht wahr. Denn die Verfassung des jeweiligen Landes entscheidet, was es unter 'Rechtsstaatlichkeit' oder 'Demokratie' versteht.“

Magyar Hírlap (HU) /

Beschäftigungstherapie für Ungarns Opposition

Das Votum der EU-Abgeordneten lässt Magyar Hírlap kalt:

„Das Verfahren könnte mit dem Entzug unserer Mitgliedschaft in der Europäischen Union enden. Aber natürlich wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Im September muss erst einmal das EU-Parlament darüber abstimmen und dort ist eine Zweidrittelmehrheit notwendig. Wenn ihm das gelingt, dann kommt der Europäische Rat mit den Staats-und Regierungschefs der EU, in dem Polen dann sicher sein Veto einlegen wird. Das geplante Verfahren ist also zum Scheitern verurteilt, aber das ist kein Grund zur Trauer, denn es bietet die Gelegenheit, in möglichst vielen Foren darüber zu schnattern, dass Viktor Orbán ein Diktator ist. Und das freut die kaputte ungarische Opposition.“