Ein Modezar verlässt die Welt

Der Modedesigner Karl Lagerfeld ist im Alter von 85 Jahren gestorben. Seine Karriere begann er mit Anfang 20, als er einen Design-Wettbewerb mit dem Entwurf eines Mantels gewann. Seitdem stieg er unermüdlich weiter auf und führte große Modehäuser wie Chanel zum Erfolg. Furore machte er auch mit seinen Sprüchen. Die Presse verneigt sich vor ihm, lässt aber auch Kritik verlauten.

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Iswestija (RU) /

Mut zum Mini

Der Modemacher Igor Tschapurin sieht Lagerfelds Hauptverdienst in einer Verjüngung der Mode, wie er in Iswestija schreibt:

„Was war sein Geheimnis? Wie er selbst sagte: 'Ich finde es uninteressant, die Freundinnen von Chanel und ihre Altersgenossinnen anzuziehen. Ich möchte deren Enkelinnen anziehen.' Er betörte eine neue Generation und schaffte so eine Wende in der Mode. Jetzt zielen alle alten Marken auf die Jugend - Lagerfeld machte das von Anfang an. Es gab die Meinung, das Knie sei der unschönste Körperteil der Frau. Aber Lagerfeld machte fast alle Kleider mini und lange Zeit kürzte er die Chanel-Produkte immer weiter, was Kritiker und frühere Bewunderer aufbrachte, aber ein neues Publikum eroberte.“

Contrepoints (FR) /

Chanel auf den Kopf gestellt

Nicht nur Chanel hat Karl Lagerfeld Größtes zu verdanken, würdigt Jean-Noël Kapferer, Experte in Sachen Luxus, in Contrepoints den verstorbenen Designer:

„Als Kreativdirektor für sämtliche Bereiche hat er den kaufmännischen und finanziellen Erfolg des Modehauses bewirkt, ohne den jeglicher Erfolg verwehrt bleibt, und Chanel zum Symbol französischer Mode und Eleganz gemacht. Welches Wundermittel hat er dazu verwendet? ... Er hat getobt und den Laden völlig auf den Kopf gestellt. Denn zollt man großen Häusern und deren Erbe zu viel Respekt, mumifiziert, begräbt, blockiert man sie. Es bedurfte dieses gleichzeitig respektlosen und respektvollen Mannes, damit sich 'Coco Chanel im Grab herumdreht', wie er selbst sagte. ... Lagerfeld ist es gelungen, anderen Kreativdirektoren den Weg zu weisen: beispielsweise John Galliano bei Dior und jüngst Alessandro Michele bei Gucci.“

The Independent (GB) /

Viel zu oft taktlos und beleidigend

Mit seinen Äußerungen zu politischen und gesellschaftlichen Themen empörte Lagerfeld nicht selten, erinnert The Independent:

„Im Laufe seiner Karriere prägte Lagerfeld sein eigenes Image mit 'taktlosen und beleidigenden Äußerungen', wie es The New York Times einst bezeichnete. Seine Kritik war an eine ganze Reihe von Adressaten gerichtet: Von Zuwanderern über übergewichtige Menschen bis zu Models, die sich über sexuelle Belästigung beschwerten. ... Seine verbalen Ausbrüche wurden oft als komische, markante Sprüche abgetan. ... Es kann schwerfallen, zurückzuschauen und diese Äußerungen kritisch zu betrachten - insbesondere deshalb, weil es uns dazu zwingt, die Dualität einer Person anzuerkennen: Nämlich dass jemand ein talentierter Designer sein kann, der gleichzeitig hetzerische Ansichten verbreitet.“