Ziehen USA und China in den Währungskrieg?

Nach der massiven Abwertung des Yuan im Vergleich zum US-Dollar zu Wochenbeginn hat sich die chinesische Währung wieder etwas erholt. Der niedrige Wechselkurs verbilligt chinesische Exporte in den Dollar-Raum. In den USA denken Politiker nun darüber nach, den Dollar ihrerseits durch gezielte Verkäufe zu schwächen. Kommentatoren warnen davor, Wechselkurse als Waffe zu missbrauchen.

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Naftemporiki (GR) /

Militärische Konfrontation könnte folgen

Der Handels- und Währungskonflikt zwischen den beiden Großmächten könnte nur der Anfang sein, fürchtet Naftemporiki:

„Goldman Sachs stellt in einem Memo fest, dass nicht mehr erwartet wird, dass die USA und China vor den US-Wahlen im November 2020 ein Handelsabkommen erzielen. Das Schlimmste ist, dass die Eskalation von Handels- und Währungsstreitigkeiten mit China von Kriegsspielen begleitet wird. Nur wenige Stunden nach der Ankündigung, dass sich die USA vom Atomwaffenabkommen von 1987 zurückziehen, erklärte der US-Verteidigungsminister, dass Washington beabsichtige, Mittelstreckenraketen im Pazifik einzurichten. Natürlich antwortete Peking mit einer Warnung und forderte 'unsere Nachbarländer auf, umsichtig zu sein und den Einsatz von US-Raketenabwehr auf ihrem Territorium nicht zuzulassen'. Dies ist eine gefährliche Eskalation.“

Ria Nowosti (RU) /

Leitwährung nicht antasten

Ria Novosti warnt die USA vor der Retourkutsche:

„Eine Abwertung des Dollars in beliebiger Form wäre schlecht für dessen Reputation und Verlässlichkeit. Dabei ist der Erhalt des Dollars als globale Hauptreservewährung wichtig für die Stabilität der US-Wirtschaft. Schon [der frühere französische Präsident] de Gaulle bezeichnete den Status des Dollar als 'außerordentliches Privileg' der USA. Jetzt ist man bereit, dieses Privileg zu riskieren, nur um einen Handelskrieg mit China und der EU zu gewinnen - aber auch, um mit Hilfe einer Abwertung die in den letzten 20 bis 30 Jahren aufgehäuften immensen Schulden und sozialen Verpflichtungen zu 'verbrennen'.“

El País (ES) /

Die EU braucht dringend einen Plan

Die EU könnte die Leidtragende des Konflikts zwischen der USA und China werden, analysiert El País:

„Je näher die US-Wahlen rücken, desto eher könnte Trump lösungsorientierte Verhandlungen akzeptieren, was der einzige Ausweg wäre aus dieser den Welthandel bedrohenden Sackgasse. ... Es stellt sich die Frage, ob die EU eine klare Strategie hat, um auf einen sich lang hinziehenden Konflikt zu reagieren, der Europas Wirtschaft schwer treffen kann. Es ist zu befürchten, dass die Antwort Nein lautet. ... Werden nicht bald Maßnahmen zur Wirtschaftsförderung und zum Erhalt der Stabilität von Wechselkursen und Währung getroffen, könnten die europäischen Volkswirtschaften zu den Hauptgeschädigten dieser globalen Unordnung werden.“

Hospodářské noviny (CZ) /

Vorwurf der Manipulation

Mögliche Motive für eine Schwächung des Yuan schaut sich Hospodářské noviny an:

„Die chinesische Zentralbank gibt lediglich diplomatische Erklärungen ab: Der Rückgang der Landeswährung werde von den Marktkräften beeinflusst. Und der Yuan werde in keiner Weise zur Beilegung von Handelsstreitigkeiten mit den USA verwendet. ... Wenig überraschend sehen die USA das ganz anders und beschuldigen Peking der Währungsmanipulation. China versuche demnach, seinen Exporteuren das Leben gegen die hohen Zollschranken der USA zu erleichtern. Sie könnten damit den Überseemarkt halten und profitabel bleiben. US-Präsident Trump zögert jedoch vor einer Schwächung des Dollars, aus Sorge, wie sich das auf den globalen Finanzmarkt auswirken könnte.“

Süddeutsche Zeitung (DE) /

Kurssturz mit fatalen Folgen

Für die Süddeutsche Zeitung hat der Konflikt nun eine neue Dimension erreicht:

„Solange es nur um Zölle ging, waren die wirtschaftlichen Folgen zwar spürbar, aber auch überschaubar. ... Mit der Ausweitung auf Währungsfragen werden jedoch erstmals die Finanzmärkte direkt in den Streit hineingezogen - jene labilen Gebilde, die sich in der Vergangenheit immer wieder groteske Übertreibungen leisteten und, einmal in Wallung, kaum mehr kontrollieren lassen. ... [D]ie Folge wären Kursstürze, welche die Konsum- und Investitionslust von Bürgern und Firmen lähmen würden. ... Eine Rezession würde weltweit Millionen Arbeitnehmer den Job kosten, Menschen in die Armut und Staaten in den Bankrott treiben. Sie wäre menschengemacht und hätte fatale Folgen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt sowie die Zukunft der westlichen Demokratien.“

NRC (NL) /

China rechnet nicht mehr mit den USA

China hat die Hoffnung auf eine baldige Einigung im Handelsstreit offenbar aufgeben, analysiert NRC Handelsblad:

„Eine Abwertung der chinesischen Währung war für China selbst lange Zeit ein Tabu. Das Land betrachtete einen Eingriff aus politischen Gründen als schädlich für sein Image als zuverlässiger und verantwortungsbewusster internationaler Partner. Außerdem will China seit Jahren den inländischen Konsum stimulieren und ein ausgewogeneres Handelsgleichgewicht mit Amerika. Dabei hilft eine Abwertung nicht. Wenn China nicht mehr an ein schnelles Ende des Handelskrieges glaubt, dann wird es die Beziehungen mit anderen Handelspartnern weiter vertiefen. ... Die gefürchtete Abkoppelung der US-amerikanischen und der chinesischen Volkswirtschaften hat inzwischen teilweise bereits begonnen.“

Večernji list (HR) /

US-Präsident verliert die Kontrolle

Trump bekommt den Handelskrieg, den er mit China vor einem Jahr anzettelte, nicht mehr unter Kontrolle, meint Vecernji list:

„Die Welt hat begonnen, sich im wirtschaftlichen Sinne neu zu ordnen und der Prozess, den Trump vor einem Jahr mit der Einführung von Extrazöllen begann, hat den bestehenden Status quo gehörig durchgeschüttelt. Obwohl der US-Präsident damals tönte, er möge Handelskriege, da er sie gewinne, ist die große Frage, was wirklich passiert und wie alles enden wird. Es besteht leider die Möglichkeit, dass dieser Wirtschaftskonflikt so enden wird wie richtige, bewaffnete Kriege: mit großer Zerstörung. Doch in diesem Fall wird die Zerstörung nicht von Bombenexplosionen ausgehen, sondern von großen Rezessionen und Wirtschaftskrisen denen gegenüber die Krise von 2008 nur ein leichter Vorgeschmack war.“