Ukraine-Krieg: Kann Putin Hilfe aus Peking erwarten?

New York Times, Financial Times und weitere US-Zeitungen haben unter Berufung auf Regierungsvertreter berichtet, Moskau habe Peking um militärische Hilfe im Ukraine-Krieg gebeten. Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums Zhao Lijian sprach von Falschinformationen. Was es für Konsequenzen hätte, wenn Peking tatsächlich Moskau beispringen würde, erörtert Europas Presse.

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Ilta-Sanomat (FI) /

Gefahr einer echten Achse des Bösen

Chinesische Waffenlieferungen an Russland würden den absoluten Worst Case einläuten, befürchtet Ilta-Sanomat:

„Sollte Putins vermeintliche Bitte um Waffenhilfe aus China erfüllt werden, wäre dies ein großer Schritt in eine sehr gefährliche Richtung, an deren Ende das Schlimmste vom Schlimmen stehen könnte: ein Weltkrieg. Militärhilfe würde China und Russland zu einer unberechenbaren, vom Rest der Welt verlassenen und mit Atomwaffen ausgestatteten Koalition zusammenschweißen. Der US-geführte Westen würde eine Gegenmacht bekommen, die in ihrem Expansions- und Machthunger nicht zögern würde, ihre Politik mit Waffengewalt durchzusetzen - im Stil des Ukraine-Krieges. Das wäre eine echte Achse des Bösen.“

Válasz Online (HU) /

Asymmetrie verstärkt sich

China will nicht Russland retten, beobachtet Válasz Online:

„Die westlichen Analysen sind sich einig darin, dass Chinas Rettungsring den Zusammenbruch der russischen Wirtschaft zwar verschieben, aber nicht verhindern kann, denn die westliche Reaktion [auf den Ukraine-Krieg] ist drastischer als erwartet, und sie wird Tag für Tag härter. Die wichtigste Lehre ist, dass Chinas Ziel nicht die Rettung Russlands ist, sondern die Verbesserung der eigenen Position. ... Jede Hilfe, die China Russland leistet, erhöht die bereits bestehende wirtschaftliche Asymmetrie zwischen den beiden Ländern und stärkt die Abhängigkeit Russlands gegenüber China.“

Kurier (AT) /

Logenplatz für Peking

China beobachtet den Krieg aus einer Position der Stärke, ergänzt der Kurier:

„Die in den letzten Wochen oft beschworene Achse des Bösen zwischen Peking und Moskau ist vermutlich nicht so fest geschmiedet, wie viele meinen. In Wahrheit sitzt China erste Reihe fußfrei und wartet ab. ... Man schaut zu, wie sich der Westen die Zähne an einem atomar bestückten Aggressor ausbeißt - und zieht Rückschlüsse auf die eigenen Pläne mit Taiwan. Und: China hat schon Corona weit besser verdaut als der Rest der Welt, um nicht zu sagen: von Corona profitiert. Wenn Europa und die USA dann mit der Wirtschafts- und Wohlstandsvernichtung durch Wladimir Putin zu kämpfen haben werden, ist China auf der Überholspur zur Nummer eins der Welt gar nicht mehr aufzuhalten.“

Dagens Nyheter (SE) /

Wirtschaftsinteressen als Hebel einsetzen

Xi Jinping könnte das Blutvergießen stoppen, stellt Dagens Nyheter fest:

„Tatsache ist, dass China die freie Welt immer noch mehr braucht als umgekehrt. Die Vereinigten Staaten und Europa sind die größten Volkswirtschaften der Welt und können miteinander Handel treiben. Derweil entfallen auf Russland zwei Prozent der chinesischen Handelsströme. Und zwei Drittel dieses Handels werden in Dollar abgewickelt. ... Die Rückendeckung aus Peking ist für Putin entscheidend. Ohne sie würde die russische Kriegsmaschinerie sehr schnell an Schwung verlieren. Nur wenige haben so große Chancen, das Töten zu stoppen wie Xi Jinping. Der Westen muss Druck machen.“

El Periódico de Catalunya (ES) /

Russland mit Chinas Hilfe in Zaum halten

El Periódico de Catalunya gibt die Position des ehemaligen Hohen Vertreters für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU, Javier Solana, wieder:

„Wie kann der Krieg beendet werden? Solana ist der Ansicht, dass China Einfluss auf Russland nehmen, vermitteln und seine internationale Rolle stärken könnte. Was wird es tun? Es hat die Invasion nicht verurteilt, aber auch nicht unterstützt. ... Als Nixon 1972 das Eis mit China brach, gab es eine Art Dreiecksbeziehung, in der die USA und China die UdSSR zurückhielten. Kann sich das Dreieck jetzt, 50 Jahre später, ändern? Die USA fürchten so etwas und haben deshalb Jake Sullivan, Bidens Kissinger, zu nicht weniger als siebenstündigen Gesprächen mit Yang Jiechi, Pekings Kontaktmann, nach Rom geschickt. China zählt.“