Schon wieder: Orbán verwässert Sanktionen

Erneut hat Ungarns Premier Orbán dafür gesorgt, dass die Sanktionen der EU gegen Russland verwässert wurden: Er blockierte nicht nur ein komplettes Ölembargo, sondern sorgte auch dafür, dass das Oberhaupt der Russisch-Orthodoxen Kirche, Patriarch Kirill, von den Strafmaßnahmen ausgeschlossen wird. Kommentatoren sind entsetzt und wundern sich, warum die EU sich auf diesen Kompromiss eingelassen hat.

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Népszava (HU) /

Unheilige Dreifaltigkeit

Orbán verhält sich genauso unchristlich wie Kirill, schimpft Népszava:

„Niemand hätte gedacht, dass Budapest sogar die Sanktionen gegen Patriarch Kirill verunmöglichen würde. Denn das Oberhaupt der Russisch-Orthodoxen Kirche spottet dem Christentum, wenn er Putins mit Lügen begründeten Krieg unterstützt. ... Kirill hat eine 'heilige Allianz' mit einem Diktator geschlossen, wozu vielleicht auch die KGB-Vergangenheit beigetragen hat. Das russische Kirchenoberhaupt ist jedoch nicht heilig. Seine Lebensanschauung kann sogar kaum als christlich eingestuft werden. Darin gleicht er wenigstens denen, die ihn verteidigen.“

La Stampa (IT) /

Selbst Konservative sind geschockt

Hoffentlich ist der EU klar, wen sie da von der Liste streicht, wettert La Stampa:

„Das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche ist der treueste Verbündete des Kreml, der die 'Spezialoperation' gegen die Ukraine nicht nur absegnete, sondern auch mit der Verteidigung der 'traditionellen Werte' rechtfertigte, die sowohl dem ungarischen Staatschef als auch Wladimir Putin so sehr am Herzen liegen: Seine Aussage, der Einmarsch habe 'die Gefahr von Gay-Pride-Paraden in Donezk abgewendet', ging um die Welt und klang selbst für viele Konservative schockierend. Mit seinen Luxusuhren, seinen Segnungen von Atomsprengköpfen und seinen Freundschaften mit zwielichtigen Politikern war der Patriarch schon vor dem Krieg eine mehr als umstrittene Figur.“

Der Tagesspiegel (DE) /

Geschlossenheit wäre gar nicht nötig

Die EU hat die falsche Strategie gewählt, moniert Der Tagesspiegel:

„Im Prinzip könnte sich jede beliebige Zahl von EU-Staaten auf den Boykott russischen Öls einigen. Hauptsache, ihr gemeinsamer Abnahmeanteil reicht aus, um Druck auf Russland auszuüben. … Die EU müsste Orbán dann kein Zugeständnis für sein Ja machen. Sie könnte sogar selbstbewusst von 'EU minus eins'-Sanktionen sprechen. Bei jeder öffentlichen Erwähnung des Begriffs stünde Orbán am Pranger, weil er Geschlossenheit verhindert hat. In diesem Fall würde 'Konsens minus eins' mehr Druck entfalten als ein verwässertes Sanktionspaket.“