In Europa wird das Gas knapp

Die von Russland gedrosselten Gaslieferungen bringen Europa immer stärker in Bedrängnis: In Deutschland rief Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck die zweite von drei Alarmstufen des Notfallplans Gas aus. "Wir sind in einer Gaskrise", so Habeck und warnte vor weiteren Preisanstiegen. Wie die Belastungen für die Europäer abmildern?

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taz, die tageszeitung (DE) /

Jahrelange Verschwendung rächt sich

Bürger und Industrie haben nie ernsthaft Energie gespart, beklagt die taz:

„Denn Öl, Gas und Kohle waren immer billig und wurden gemessen an der Kaufkraft immer billiger. Es gab keinen Druck zur Sparsamkeit. Im Gegenteil: Produkte wurden kurzlebiger und energiefressender, Transportwege länger, Autos immer dicker, Wohnungen immer größer. Mehr Effizienz wurde vom Mehrverbrauch aufgefressen: Je sparsamer die Motoren, desto größer die Autos und desto weiter die Fahrten. ... 'Gas ist von nun an ein knappes Gut', sagt [Wirtschaftsminister] Robert Habeck. Das stimmt und doch wieder nicht. Knapp hätte das Erdgas, das ähnlich klimaschädlich ist wie Kohle und autokratische Systeme finanziert, schon seit Jahrzehnten sein müssen.“

Le Figaro (FR) /

Frankreich macht es richtig

Im Vergleich zu Deutschland, das wieder verstärkt auf Kohleenergie setzt, ist Frankreich gut aufgestellt, lobt Le Figaro:

„Wir verfügen über Energie, die reichlicher vorhanden, stabiler und sauberer ist als anderswo. Diese Struktur ist wertvoll, aber auch fragil. In Europa versuchen diejenigen, die tonnenweise Kohle verbrennen, diese durch den undurchsichtigen Kampf um die 'Taxonomie' ins Aus zu drängen. … Emmanuel Macron hat nach langem Zögern endlich beschlossen, massiv in neue Kernkraftwerke und erneuerbare Energien zu investieren. Dies scheint angesichts der klimatischen Herausforderungen und strategischen Notwendigkeiten bei Weitem die vernünftigste Entscheidung.“

Echo24 (CZ) /

Energie-Verstaatlichung ist ein guter Plan

In Tschechien sollen schnellstmöglich die Schlüsselkraftwerke unter staatliche Kontrolle genommen werden, was den Beifall von Echo24 findet:

„Premier Petr Fiala brachte damit die langersehnte systematische Lösung des Energieproblems ins Spiel. So soll unter anderem der größte Energiekonzern ČEZ, von dem 70 Prozent dem Staat gehören, künftig vollständig von ihm kontrolliert werden. ... Damit kann die Regierung letztlich auch den Energiepreis regulieren. ... Indem sie die Preise niedrig halten, werden die staatlichen Kraftwerke den Rest der Produzenten unter Druck setzen. Diese könnten ihren Strom nicht teurer verkaufen als die staatliche ČEZ. Als kleinere Akteure müssten sie sich auf die staatlichen Preise einstellen. Dies ist eine sehr sinnvolle Lösung.“

Dagens Nyheter (SE) /

Menschen sind bereit, Preis zu bezahlen

Angesichts weiter gedrosselter russischer Gaslieferungen sollten westliche Regierungen ihren Bürgern vertrauen, meint Dagens Nyheter:

„Politikern, auch in Schweden, sollte klar sein, dass es einen Preis hat, sich für die Ukraine und gegen Putin einzusetzen. Vor allem sollten sie nicht davon ausgehen, dass die Menschen sich weigern, ihn zu zahlen. Mehr als sechs von zehn Europäern glauben, dass es wichtig ist, europäische Werte wie Demokratie und persönliche Freiheit zu verteidigen, auch wenn dies höhere Inflation und niedrigeren Lebensstandard bedeutet. ... Und neun von zehn haben für Putins Russland nichts mehr übrig. Die Menschen in Europa wissen, um welche Werte es in der Ukraine geht.“