Klimanotstand: Ist Energiesparen die Lösung?

Die Hitzewelle mit Rekordtemperaturen macht den Menschen in Europa schwer zu schaffen: Angesichts von Waldbränden und verdorrten Feldern drängen sich immer vehementer Fragen danach auf, wie der Klimawandel am besten bekämpft werden kann. Kommentatoren debattieren über notwendige politische Maßnahmen und individuelle Verhaltensänderungen.

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Frankfurter Allgemeine Zeitung (DE) /

Vielleicht geben die Preise den nötigen Push

Die hohen Energiepreise sind auch eine Chance, meint die Frankfurter Allgemeine Zeitung:

„Denn die steigenden Gaspreise haben einen wichtigen Vorteil für die Energieversorgung: Die Teuerung bringt den Anreiz mit sich, mit diesem knappen Gut sparsam umzugehen, wo immer das möglich ist. Mitunter lohnen sich dann auch Investitionen in Alternativen, vor denen vorher aus Kostengründen zurückgeschreckt wurde. ... Im optimistischen Szenario entwickelt sich Deutschland durch diese Krise zu einem Land mit geringeren Abhängigkeiten von einzelnen Ländern, vielfältigen Energielieferanten und mehr Antrieb durch erneuerbare Energien.“

The Independent (GB) /

Häuser nicht in Kühlschränke verwandeln

Die Briten sollten auf keinen Fall einfach Hitzewellen besser ertragen lernen, findet The Independent:

„Wenn es in Großbritannien ständig lange Sommer mit über 40 Grad gibt, dann werden wir uns um wichtigere Dinge kümmern müssen, als darum, nur einen Hitzschlag zu vermeiden – beispielsweise darum, genug Nahrung und Wasser für die Bevölkerung zu haben. Deshalb sollten wir nicht der Versuchung erliegen, einfach noch ein eiskaltes Bier oder einen kühlen Pinot Grigio zu bestellen, uns in der Sonne zu aalen und unsere Häuser in riesige Kühlschränke zu verwandeln. Das Schlimmste, was wir tun können, ist, eine hässliche, laute und verschwenderische Klimaanlage zu installieren. Das Beste, was wir tun können, ist, unseren Energieverbrauch zu senken, auch wenn das weh tut.“

El País (ES) /

Energiesparen muss Pflicht werden

El País findet, die Regierung handelt kurzsichtig und verantwortungslos:

„Regierung und Opposition fördern und fordern Rabatte und Subventionen für den Energieverbrauch, die unerlässlich sind, um denjenigen, die sie wirklich brauchen, das Lebensnotwendige zu garantieren. Aber sie fördern in unverantwortlicher Weise einen noch höheren Verbrauch der großen Mehrheit. ... Radikale Energiesparmaßnahmen sollten verpflichtend durchgesetzt werden, statt sie nur zu empfehlen. ... Wir sollten uns daran erinnern, dass wir dieselben Bürger sind, die [während der Pandemie] die strengsten Gesundheitsvorschriften in vorbildlicher Weise eingehalten haben. ... Müssen es 20 Grad sein, um den Umsatz aufrechtzuerhalten oder um im Büro zu arbeiten?“

Le Quotidien (LU) /

Albtraum ist bereits Realität

Die Klimakatastrophe wird immer stärker den Alltag beeinflussen, betont Le Quotidien:

„Wir werden andere, noch stärkere Begriffe als Apokalypse finden oder erfinden müssen, um die kommenden Hitzewellen anzukündigen, die Europa fast jeden Sommer mit nie erreichten Temperaturen überrollen werden. Wir werden uns daran gewöhnen müssen, dass die Wetterkarte an manchen Abenden 40 Grad anzeigt. Und an die Alarmmeldungen der Regierung auf unseren Smartphones, die uns warnen, dass unser Leben durch die Hitzephase bedroht wird. … Und daran, unser Wasser zu sparen, das infolge von wiederholten Trockenphasen rar wird. Wir brauchen uns den Albtraum nicht mehr auszumalen, der uns infolge der Erderwärmung erwartet. Wir leben ihn bereits.“

Polityka (PL) /

Die Ratschläge nerven

Polityka kann die Energiespartipps der polnischen Regierung nicht ernst nehmen und spottet:

„Das Wichtigste ist, dass wir in dieser Zeit nicht allein sind, dass jemand über uns wacht, uns Ratschläge gibt und uns sicher an der Hand durch die Winde und Fröste führt. ... Dass wir weniger essen sollten oder unser Zelt in einem nahe gelegenen Wäldchen aufschlagen, anstatt nach Hawaii zu fliegen. Und immer daran denken, dass es Menschen gibt, denen es noch schlechter geht. ... Leider wird die Regierung eines 38-Millionen-Landes nicht allen helfen können, auch wenn sie sich gerne in anderer Leute Angelegenheiten mischt. Es ist höchste Zeit zu fragen: Was kann ich für meinen Premier, für meine Regierung in der kommenden Heizsaison tun?“