Moskau verschärft Regeln für "ausländische Agenten"

In Russland sind zum 1. Dezember die Regularien zu "ausländischen Agenten" (Inoagenty) verschärft worden. Unter anderem ist für den Status keine belegte Finanzierung aus dem Ausland mehr nötig. Stattdessen reicht es, wenn die Behörden erklären, jemand stünde "unter ausländischem Einfluss". Für die aktuell etwa 350 betroffenen Personen und Organisationen gibt es zudem fortan ein öffentliches Zentralregister.

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Echo (RU) /

Mehr Generalverdacht geht kaum

Der Jurist Kaloj Achilgow erklärt in einem von Echo übernommenen Telegram-Post:

„Jeder kann als Ausländischer Agent anerkannt werden, wenn er politische Aktivitäten betreibt. ... Noch ein Grund ist die Verbreitung von Print-, Ton- oder Videomaterialien und anderer Botschaften für die breite Öffentlichkeit sowie die Beteiligung an der Erstellung solcher Botschaften. Und natürlich die Finanzierung solcher Aktivitäten. Das bedeutet, das Justizministerium muss von nun an den Erhalt von Finanzmitteln aus dem Ausland nicht mehr nachweisen. Ihm reicht es anzugeben, Sie würden sich politisch betätigen. Selbst wenn Sie nur mit einem Plakat auf die Straße gegangen sind.“

Tygodnik Powszechny (PL) /

Viel Spielraum für Denunzianten

Stigmatisierung von Regimegegnern wird immer einfacher, beobachtet auch Tygodnik Powszechny:

„Bemerkenswert ist die vage Formulierung, die zur Anerkennung einer Person oder Organisation als 'ausländischer Agent' führt. Früher galt als Kriterium der Erhalt von Geldern aus dem Ausland, jetzt reicht es aus, 'unter ausländischem Einfluss zu stehen'. Was bedeutet das genau? Das wird sich zeigen. Jeder, der mit einem 'ausländischen Agenten in Verbindung steht', ist ebenfalls verdächtig. Auch diese Formel ist unscharf und schafft viel Spielraum für Kontrolleure und Vollstrecker.“

Kirill Schulika (RU) /

Unverhohlene Aufforderung zum Exil

Der Blogger Kirill Schulika schreibt auf Facebook zum Status "ausländischer Agent":

„Er ist Brandmal und Warnung, dass der Staat Fragen an diese Person hat, aber noch nicht solche, bei denen der Repressionsapparat angeworfen wird. Und dass es besser ist, dem Unheil aus dem Weg zu gehen. Sollte man bereits gegangen sein, so wird man zum Agenten ernannt, damit man nicht zurückkehrt. ... Das Ganze ähnelt dem Entzug der sowjetischen Staatsbürgerschaft vor gar nicht so langer Zeit. Aber damals lief das schlicht: Man hat dir den Pass abgenommen und dich in ein Flugzeug gesetzt. Heute machen sie das nicht mehr, du machst das alles selbst. Weshalb der Staat frech behaupten kann, er sei ungeheuer liberal, da er die Grenzen offen lässt.“