Portugal: Abschied vom Sozialismus als Staatsziel?
Nach den portugiesischen Parlamentswahlen verfügen die konservative PSD, die liberale IL und die rechtsextreme Chega über die nötige Zweidrittelmehrheit für eine Änderung der Verfassung von 1976. Geschrieben im Geiste der Nelkenrevolution, verspricht diese neben sozialer Absicherung auch, "den Weg zu einer sozialistischen Gesellschaft zu öffnen". Chega und IL fordern vehement, die Gelegenheit zu nutzen, die PSD hält sich bisher bedeckt.
Gute Gründe für eine Revision
Eco warnt davor, das Projekt zu blockieren:
„Die radikale Linke macht aus einer vorgeschlagenen Verfassungsrevision einen Angriff auf die Demokratie. Sie polemisiert gegen Chega und deren Vorschläge, wirft die Liberalen in einen Topf mit den Populisten und erpresst die PSD. Damit liegt sie falsch. ... Es gibt Dutzende von Verfassungsartikeln, die der heutigen Realität nicht mehr entsprechen, und weitere, die zugunsten von mehr Freiheiten und Rechtsgarantien, mehr Privatwirtschaft in einer 'digitaleren' Gesellschaft, weniger Distanz zwischen Wählern und Gewählten oder besserer Regierbarkeit überarbeitet werden sollten. ... Es wäre ein politischer Fehler, eine Revision zu blockieren, genauso wie es ein großer Fehler wäre, wenn [Premier] Luís Montenegro die PS dabei nicht einbeziehen würde.“
Das käme einem Regimewechsel gleich
Mit Bezug auf das bisherige Versprechen des PSD-dominierten Regierungsbündnisses AD, nicht mit Chega gemeinsame Sache zu machen, schreibt Expresso besorgt:
„Eine solche Revision ohne die PS und in Zusammenarbeit mit einer rechtsextremen Partei würde einen weiteren politischen Bruch in einem der sensibelsten Momente unserer Verfassungsdemokratie bedeuten. Unabhängig von der formalen Legitimität kann eine Änderung struktureller Elemente der Verfassung (wie es das Wesen unseres Wohlfahrtsstaates ist) ohne die Sozialisten nur als Regimewechsel angesehen werden und sollte als solcher mit all seinen Konsequenzen behandelt werden. Wenn die AD bei einem so wichtigen Prozess wie einer Verfassungsrevision auf Chega baut, kann sie sich für den Rest [der Legislatur] nur auf Chega verlassen.“