Militärparade: Welche Signale sendet China?

Zwei Tage nach dem SOZ-Gipfel in Tianjin hat China am Mittwoch mit einer Militärparade den 80. Jahrestag der Unterzeichnung der Kapitulation Japans gefeiert. 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs stehe die Welt erneut vor der Wahl zwischen Krieg und Frieden, erklärte Chinas Präsident Xi Jinping. Der Parade in Peking wohnten unter anderen Russlands Staatschef Wladimir Putin und Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un bei. Europas Presse debattiert.

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The Times (GB) /

Peking zeigt Washington die Zähne

Die Zurschaustellung seiner militärischen Fähigkeiten soll im Taiwan-Konflikt Chinas Stärke demonstrieren, analysiert The Times:

„Der Hauptadressat der Bilder neuer Hyperschallraketen, Tarnkappenjäger und Drohnen ist Washington. Viele der Waffen, die über den Platz des Himmlischen Friedens rollen oder in Formation darüber fliegen, sind 'Anti-Access'-Systeme. Sie sollen der US-Marine und -Luftwaffe die Nutzung der Gewässer und des Luftraums um Taiwan verwehren, sollte die Trump-Regierung oder ihr Nachfolger erwägen, einer chinesischen Invasion entgegenzutreten. Wenn Taiwan und seine 23 Millionen Einwohner Xi durch wirtschaftlichen und politischen Zwang wie reife Früchte in den Schoß fallen, umso besser. Aber wenn nicht, steht die Volksbefreiungsarmee bereit.“

La Stampa (IT) /

Mächtiger Hüter der Weltordnung

La Stampa analysiert:

„Der SOZ-Gipfel in Tianjin und die heutige Militärparade in Peking vermitteln eine einzige Botschaft: Diplomatie und Macht, um zu zeigen, dass die globale Ordnung nicht mehr nur im Westen ausgehandelt wird. ... China präsentiert sich als 'Hüter' der Nachkriegsordnung und verbindet damit historische Erinnerung und gegenwärtige Legitimation. Peking bietet sich dem globalen Süden als Stabilitätsfaktor an und verwandelt mit dem Doppelpack Gipfel-Militärparade den Sieg über Japan in eine politische Botschaft: die Souveränität über Taiwan als Fortsetzung der Ordnung von 1945. Peking war in der Vergangenheit ein entscheidender Akteur, ist heute eine Großmacht und strebt daher danach, die Zukunft der Welt mitzugestalten.“

Sme (SK) /

Fico isoliert sein Land vom Westen

Dass der slowakische Premier Robert Fico der Parade beiwohnte, ärgert Sme:

„Seine Anwesenheit in der Gesellschaft des belarussischen Diktators Lukaschenka, des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong-un oder des kriegsbesessenen Putin wird der Slowakei in keiner Weise helfen. ... Wird sich Fico inspirieren lassen, wie er die Demokratie in der Slowakei schrittweise schwächen und seine eigene Macht um jeden Preis festigen kann? ... Der Premier disqualifiziert sich in den Augen der meisten Slowaken und, was noch schlimmer ist, er stürzt das ganze Land in eine wachsende internationale Isolation. Und immer mehr Menschen, insbesondere junge Menschen, packen ebenfalls ihre Koffer und machen sich auf den Weg, allerdings in die entgegengesetzte Richtung, in den Westen.“

Berlingske (DK) /

Das haben wir Trump zu verdanken

Dass sich viele Länder vom Westen ab- und China zuwenden, ist dem US-Präsidenten und seiner Politik geschuldet, betont Berlingske:

„Wenn sich die USA auf der Bühne der Weltwirtschaft aggressiver verhalten als eine kommunistische Diktatur, verwundert es wenig, dass einige Länder die chinesische der amerikanischen Führung vorziehen werden. Das ist eine Katastrophe für die Welt, auch wenn wir es erst nach und nach merken werden. ... Trump hat eine Welt geschaffen, in der sich nun eine Achse von Staaten in der Welt sammelt, die sich gegen die USA und den Westen wendet.“

Telegraf (UA) /

Moskau macht sich zum Vasallen

Russland zementiert seine politische und wirtschaftliche Abhängigkeit von China, analysiert Andrij Kowalenko, Leiter des Zentrums zur Bekämpfung von Desinformation, in einem von Telegraf übernommenen Telegram-Post:

„Putin hat das Werk von Lenin, Stalin, Chruschtschow und Breschnew endgültig zugrunde gerichtet – diese hätten sich nicht einmal in ihren schlimmsten Albträumen einen Vasallenstatus Moskaus gegenüber Peking vorstellen können. ... Die Sanktionen haben den Kreml von seinen wichtigsten Absatzmärkten abgeschnitten. China nutzt dies in vollem Umfang aus: Es diktiert Preise, Bedingungen und Fristen und zwingt Moskau, Verträge zu unterzeichnen, die es zu einem Rohstoffanhängsel machen. Letzten Endes wird Russland völlig vom Willen Pekings abhängig sein.“