Drohnenflüge: Hybride Kriegsführung gegen Europa?

In Dänemark und Norwegen wurden am Wochenende erneut Drohnen unbekannter Herkunft in der Nähe von Flughäfen und Militärbasen gesichtet. Die dänische Regierung erließ als Reaktion ein bis Freitag geltendes Flugverbot für zivile Drohnen und Modellflugzeuge – auch, weil in Kopenhagen Mitte der Woche ein EU-Gipfel stattfindet. Die Medien erörtern, wie Europa auf diese und andere hybride Herausforderungen seiner Sicherheit reagieren soll.

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De Volkskrant (NL) /

Wegschauen geht nicht länger

Russlands Provokationen zwingen Europa zum Handeln, meint De Volkskrant:

„Die wiederholten russischen Aktionen konfrontieren die europäischen Länder mit den Fakten: Sie haben es mit einem großen Nachbarland zu tun, das eine revanchistische, neoimperialistische Ideologie verfolgt, die hunderttausende Menschenleben dem Ruhm der russischen Nation opfert – mit einer Wirtschaft, die mittlerweile fast vollständig im Dienst der Schaffung einer unschlagbaren Kriegsmaschine steht. Darüber sollte man nachdenken, bevor man die Vorhänge zuzieht, um nicht das brennende Haus auf der anderen Straßenseite zu sehen.“

Jutarnji list (HR) /

Uneinigkeit über das Vorgehen

Jutarnji list konstatiert:

„Europa ist sich nicht einig, wie man Russland antworten soll. Darüber wird denn auch bei den bevorstehenden Spitzentreffen von EU und Nato gesprochen. Polens Außenminister Radosław Sikorski drohte mit Militärschlägen gegen russische Kampfflugzeuge, wenn diese sich künftig in den polnischen Luftraum verirren. Demgegenüber betonte der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius, dass ein Abschuss russischer Flugzeuge gefährlich wäre und warnte andere Nato-Mitglieder davor, in Putins 'Eskalationsfalle' zu tappen. Klugheit sei keine Feigheit, sondern Verantwortung seinem eigenen Land und dem Frieden in Europa gegenüber.“

Süddeutsche Zeitung (DE) /

Nato-Länder im Osten sind Frontstaaten

Die Süddeutsche Zeitung hält es für falsch, weiterhin von einer Ostflanke der Nato zu sprechen:

„Nach den gängigen militärischen Definitionen ist eine Flanke die Seite einer Truppenformation, die dem Feind abgewandt ist. ... Die dem Gegner zugewandte Seite, zumal wenn es dort kinetisch zugeht, heißt hingegen: Front. Man kann verstehen, warum Politiker und Generäle von der östlichen Grenze der Nato nicht gern als 'Ostfront' sprechen. Das Wort Front klingt nach Krieg, Blut und Tod. Das Wort Flanke klingt harmloser, technischer, weit weg. ... Die Nato-Länder im Osten, die sich einem aggressiven Russland gegenübersehen, das Drohnen und Kampfflugzeuge schickt, haben ... nicht den Eindruck, sie stünden irgendwie abseits und hätten ihre Ruhe. Sie sehen sich als das, was sie in der Realität sind: Frontstaaten.“

La Croix (FR) /

Politische Unterwanderung bekämpfen

Die wahre Frontlinie verläuft nicht in Europas Osten, kontert La Croix:

„Das größte Risiko besteht nicht darin, dass russische Panzer in Warschau oder gar Berlin einrollen. Die wahrscheinlichere Gefahr ist, dass pro-russische Parteien an die Macht kommen und zerstören, was unsere Stärke ausmacht: die Europäische Union. … Um das zu bekämpfen, muss man ruhig bleiben, ohne auf Provokationen einzugehen. ... Es gilt, die europäische Einheit zu bewahren und mit aller Kraft gegen Desinformation vorzugehen, die jetzt nicht mehr nur aus dem Osten, sondern auch aus dem Westen kommt. Es ist genauso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger, TikTok, Facebook, X und künstliche Intelligenzen fortzuentwickeln, als Panzer oder Kampfflugzeuge zu bauen.“

El Periódico de Catalunya (ES) /

Subtiler Expansionskurs eines Imperiums

Kolumnist Rafael Vilasanjuan verweist in El Periódico de Catalunya auf Russlands raffinierte Kriegsführung:

„Seit der russischen Invasion in der Ukraine sucht Europa seine Grenzen. Putins Angriff auf das Nachbarland war nicht nur eine territoriale Angelegenheit, sondern der Beginn der Rückkehr zum russischen Imperium. Für Europa das Ende der ruhigen Jahre. ... Die Grenzen sind fließend geworden. ... In Polen und Rumänien kündigen Drohnen und Flugzeuge an, dass Putin nicht nur den Donbass will. ... Militärisch sind wir vielleicht vorbereitet, aber dieser Kampf ist subtiler und erfordert die Abwehr von Cyberangriffen, Spionen und Kriminellen, die von innen angreifen. Wenn wir Europa retten wollen, müssen wir dort ansetzen.“

Naftemporiki (GR) /

Kriegshysterie auf Kosten des Sozialstaats

Naftemporiki sieht Europa in einen Rüstungswahn verfallen:

„Es scheint sich eine Kriegshysterie zu entwickeln, vor allem in der europäischen Öffentlichkeit. Eine Hysterie, dass Russland sich darauf vorbereitet, auch in europäische Nato-Mitgliedstaaten einzumarschieren. Eine Hysterie, die darauf abzielt, die europäischen Bürger davon zu überzeugen, den Sozialstaat für Rüstungsgüter zu opfern ... Sogar amerikanische Waffen werden mit dem Geld der europäischen Steuerzahler gekauft, um sie in die Ukraine zu schicken. … Die Wirtschaft der EU verwandelt sich ohnehin immer mehr in eine Kriegswirtschaft. Selbst die europäischen Banken bereiten sich auf die Zeit der gemeinschaftlichen Aufrüstung vor und passen ihre Politik und Strategien an.“