Verhandlungen mit Moskau ohne sichtbares Ergebnis

Fünf Stunden haben die US-Emissäre Steve Witkoff und Jared Kushner am Montag mit Wladimir Putin über eine Friedenslösung in der Ukraine verhandelt. Zu einer Einigung ist es laut Kreml-Berater Juri Uschakow dabei nur "in einigen Punkten" gekommen, Washington und Moskau stünde "noch viel Arbeit bevor". US-Präsident Donald Trump sagte, seine Delegation habe den Eindruck gewonnen, Putin sei an Frieden interessiert. Und was erwartet Europa?

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Ilta-Sanomat (FI) /

Russland darf sich nicht als Sieger fühlen

Moskau darf nicht ungestraft davonkommen, verlangt Ilta-Sanomat:

„Wenn Trump und Putin ihren Deal zur Ukraine durchsetzen könnten, stünden Europa harte Zeiten bevor. Russland würde sich dann als großer Sieger fühlen. Der Kreml würde es als sein Recht ansehen, von allen Ländern, die die Ukraine militärisch und verbal unterstützt haben, Demut und Zugeständnisse zu fordern. Russland hat ein langes Gedächtnis und grenzenlosen Stolz. Wenn Russland seinen Angriffskrieg beenden könnte, ohne seine eigenen Fehler eingestehen zu müssen, würde es uns wahrscheinlich als Nächstes für jene Maßnahmen büßen lassen, die Putin als Fehler Finnlands ansieht.“

Blog Damijan (SI) /

Ohne Strategie für Frieden wie Krieg

Europa klammert sich an seine schwindende Bedeutung, schreibt Wirtschaftsprofessor Jože P. Damijan in seinem Blog:

„Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass das europäische Interesse an einer Fortsetzung des Krieges und an der Anheizung der Angst vor einen russischen Angriff auf Europa vor allem auf der Befürchtung beruht, dass sich die USA unter Trump im Falle des Friedens aus Europa zurückziehen könnten. …. Die europäischen Staaten haben keine Strategie für den Frieden in der Ukraine. Sie haben auch keine für den Krieg. Sie wollen lediglich, dass dieser nicht endet und dass die Fantasie von Europa als Großmacht nicht zerbricht. Eine friedliche Lösung des Krieges in der Ukraine sehen sie als symbolische Kapitulation vor der Realität, dass sich die globale Ordnung nicht mehr um Europa dreht.“

Weekendavisen (DK) /

Die Unterstützer müssen mehr voraus denken

Nach einer Statistik des Kiel Instituts ist Dänemark bei der Ukraine-Unterstützung mit 2,9 Prozent des BIP führend, muss sich aber Fragen stellen, meint Weekendavisen:

„Auf dem Verhandlungstisch liegen all die Fragen, von denen wir annahmen, sie müssten nicht beantwortet werden. Wollen wir eine Ukraine, die EU- und Nato-Mitglied ist, oder bevorzugen wir eine neutrale Ukraine als Pufferzone zwischen Ost und West? Wie wird sich Russland verhalten, wenn seine militärischen Ressourcen nicht mehr in der Ukraine gebunden sind – und was können wir tun, um deren Einsatz in der Ostsee zu verhindern? Können wir den Ukrainern helfen, nach dem Krieg eine stabile und weniger korrupte Demokratie aufzubauen? Wir müssen diese Fragen beantworten können, wenn wir auch die Vorreiterrolle bei der Beendigung des Ukraine-Krieges einnehmen wollen.“

Corriere della Sera (IT) /

Wir stehen wieder ganz am Anfang

Dagegen waren die – letztlich gescheiterten – Minsker Abkommen ein Erfolg der Diplomatie, schimpft Corriere della Sera:

„Im Grunde stehen wir wieder am Ausgangspunkt: bei den Fragen der Autonomie des Donbass und der Sicherheit der Ukraine. … Doch während wir auf das Urteil der Geschichte warten, sagt uns die Chronik, dass das Völkerrecht durch das Einvernehmen zwischen Washington und Moskau auf Kosten der Ukrainer und hinter dem Rücken der Europäer weitgehend außer Kraft gesetzt wurde und dass die 'Wüste, die sie Frieden nennen', um es mit Tacitus zu sagen, die Zukunft der Ukraine sein wird, deren Wiederaufbau höchstwahrscheinlich auf Kosten Europas gehen wird. Es ist ein nach unten korrigiertes Ergebnis, ein politisches und diplomatisches Desaster im Vergleich zu den Minsker Abkommen.“

Jutarnji list (HR) /

Europa auf dem Abstellgleis

Europa wird bei schicksalsträchtigen weltpolitischen Fragen ausgeklammert, stellt Jutarnji list fest:

„Europa hat keine Karten. Deshalb ist Rubio gestern nicht zum Treffen der Nato-Außenminister gekommen. ... 'Ich möchte keine Schlüsse aus seiner Abwesenheit ziehen', sagte Nato-Generalsekretär Mark Rutte. Es ist verständlich, dass die europäischen Mitglieder unseres Verteidigungsbündnisses es sich nicht mit den USA verderben wollen, um das Sicherheitsbündnis zu bewahren. Doch dieser Zug scheint schon lange abgefahren zu sein, man muss der Realität ins Auge sehen. ... Europa fehlt bei Verhandlungen, die sich direkt auf unsere Sicherheit auswirken. ... Die EU steht auf dem Abstellgleis, während sich die USA und Russland absprechen.“

Forum24 (CZ) /

Russland gibt keinen Millimeter nach

Moskau blockiert nicht nur weiter, es wird auch forscher gegenüber Europa, konstatiert Forum24:

„Ende der Ukraine-Krise? Laut Putins Berater ist noch viel Arbeit nötig. Russland und die USA seien einer Lösung der Ukraine-Krise weder näher gekommen noch weiter entfernt, sagte er. ... Bislang hat Europa die Ukraine vor der Kapitulation bewahrt. Ja, genau dieses inkompetente und schwache Europa, das manche Trump-Anhänger ständig verfluchen, um von der Tatsache abzulenken, dass ihr Idol Russland ungewöhnlich entgegenkommt. Deshalb übt Russland jetzt Druck auf Europa aus. Putin droht beiläufig damit, dass er bereit sei, den Krieg auszuweiten, sollte jetzt kein Frieden nach russischen Bedingungen erreicht werden.“

Abbas Galliamow (RU) /

Kommt jetzt ein Pufferstaat aufs Tapet?

Nun ist mit einem obskuren Vorschlag Trumps zu rechnen, der die Verhandlungen weg vom toten Punkt bringt, so der Politologe Abbas Galliamow auf Facebook:

„Angesichts der derzeitigen Verhandlungs-Sackgasse wird Trumps Forschergeist unweigerlich eine unerwartete Option hervorbringen, beispielsweise die Gründung eines unabhängigen Staates Ostukraine auf dem Gebiet der vier strittigen Regionen. ... Trump könnte diesen Plan weniger dazu vorlegen, damit er tatsächlich von den Parteien angenommen wird, sondern vielmehr, um Druck auf sie auszuüben: ... In Gaza ist genau das passiert: Die Idee, die Bewohner der Enklave zu vertreiben und diese mit Luxusimmobilien zu bebauen, kam zwar nicht durch, aber die Araber zeigten Angst vor der Umsetzung dieses Plans, wurden viel gesprächsbereiter und stimmten der nächsten von den Amerikanern vorgeschlagenen – moderateren – Variante zu.“