Huawei-Bann: USA gewähren Aufschub

Die USA haben ein Dekret gelockert, wonach es US-Unternehmen untersagt war, ohne Regierungsgenehmigung Geschäfte mit Huawei zu machen. Die Lockerung gilt für zunächst 90 Tage. Google hatte zuvor als Reaktion auf das Verbot keine Android-Updates mehr für Smartphones des chinesischen Herstellers bereitgestellt. Wie könnte der Streit die Technikbranche in den USA und China beeinflussen?

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Kaleva (FI) /

Chinesen könnten als Sieger hervorgehen

Der Streit mit Huawei könnte den US-Unternehmen im Endeffekt schaden, gibt Kaleva zu bedenken:

„Dem gewöhnlichen Huawei-Nutzer verursacht das Ende der Zusammenarbeit von Google und Huawei nicht sofort Probleme. Bei künftigen Telefonen kann es diese aber geben, wenn die Huawei-Nutzer keinen Zugriff auf die beliebten Google Apps bekommen. Das kann den Absatz von Huawei Handys stark drücken. Eine ganz andere Frage ist, wer aus der Auseinandersetzung als Sieger und wer als Verlierer hervorgehen wird. Trumps Entscheidungen können den USA noch eine Niederlage bescheren. Es ist durchaus möglich, dass Huawei mit seinen gewaltigen Ressourcen gleichwertige Dienste und Komponenten entwickelt, auch wenn das etwas dauern wird. Das könnte dazu führen, dass Google und andere US-Unternehmen Marktanteile verlieren.“

Il Sole 24 Ore (IT) /

Kalter Technologie-Krieg

Trotz der Atempause, die Huawei nun erhält, droht der digitalen Welt eine tiefe Spaltung, warnt Technikexperte Biagio Simonetta in Il Sole 24 Ore:

„Wenn das der Beginn eines technologischen Kalten Kriegs ist, droht Huawei nur die Spitze des Eisbergs zu sein. Denn Pekings Reaktion auf den amerikanischen Bann könnte heftig sein. ... Noch ist Android, selbst mit den Einschränkungen für Smartphones in China, ein gemeinsamer Nenner. Ein Bindeglied, dessen Tage gezählt sein könnten. Die neue Position der Vereinigten Staaten, die viel aggressiver ist als in der Vergangenheit, kann diesen Prozess nur beschleunigen und es nähert sich der Tag, an dem die Chinesen nur chinesische Telefone und Gadgets verwenden können, die mit heimischen Chips und Software betrieben werden. Das gleiche gilt für die USA.“

Sabah (TR) /

Über Trump kann man nur noch lachen

Trumps Huawei-Entscheidung ist der Höhepunkt seiner Absurditäten, kommentiert Sabah:

„Der einfachste Weg, um ein wenig Abstand von den stürmischen Zeiten der türkischen Innenpolitik zu gewinnen und mal etwas aufzuatmen, ist, sich mit den Handlungen und den Worten des US-Präsidenten Trump zu beschäftigen. Denn Trumps Verhalten und Aussagen sind mittlerweile so weit von jeglicher Seriosität entfernt, dass es mittlerweile die richtigere Einstellung ist, in ihm ein entspannendes und belustigendes Element zu sehen.“

Duma (BG) /

Billiger Versuch, US-Technik zu verkaufen

Trumps Handelskrieg mit China zieht nun auch die europäischen Verbraucher in Mitleidenschaft, ärgert sich Duma:

„Der wirtschaftliche Aufstieg Chinas jagt den USA so viel Angst ein, dass sie nun verzweifelt versuchen, ihn zu stoppen. Die Folgen werden aber nicht nur die USA und China zu spüren bekommen, sondern die ganze Welt. Der Handelskrieg, den Trump angefeuert hat, bedroht auch Europa, weil Washington will, dass wir Europäer auf chinesische Technik verzichten sollen. Und was bleibt uns dann anderes übrig? Genau: US-amerikanische Technik zu kaufen. Das ist am Ende das Ziel. Dabei sind die chinesischen Smartphones und Netzwerkausrüstungen in den vergangenen Jahren immer günstiger und - unglaublich, aber wahr - sogar qualitativ besser als die amerikanischen geworden.“

De Tijd (BE) /

Verwundete Drachen können gefährlich werden

US-Präsident Donald Trump geht mit seiner Strategie, Huawei zu isolieren, große Risiken ein, warnt De Tijd:

„Taktisch hat Trump einen Treffer erzielt. Aber ist sein Schachzug auch langfristig klug? Ja, wenn er China zu Verhandlungen zwingen und zu einem Abkommen bringen kann, das den Handelskrieg beendet. Aber es kann auch anders ausgehen: Der Ausschluss von Huawei aus der internationalen Android-Gemeinschaft kann für China ein starker Anreiz sein, seine eigene Technologie zu entwickeln und seine Unabhängigkeit vom Ausland sicherzustellen. Es verfügt über die Mittel, und Huawei hat 80.000 Mitarbeiter in seiner Abteilung Forschung und Entwicklung. If you can't join them, beat them. Wird das den USA und den amerikanischen Unternehmen nutzen? Ein verwundeter Drache kann aggressiver und gefährlicher werden.“

The Guardian (GB) /

Trump, der ungewollte Revolutionär

Das Vorgehen der US-Regierung gefällt hingegen The Guardian:

„Sowohl Huawei als auch Google werden die Flügel gestutzt. Alternativen werden aufkommen. Gesetzgeber in den einzelnen Staaten werden ermutigt, Steuern anzuheben und regulierend einzugreifen. Hier handelt es sich um eine Industrie in ihrer frühesten Phase. Doch das Aufbrechen der Giganten des Informationszeitalters und jedes anderen Zeitalters erfolgt letztlich im Interesse von Offenheit und Freiheit. Donald Trump könnte sich unbeabsichtigt als Revolutionär erweisen.“

Corriere del Ticino (CH) /

Peking verhält sich unfair

Huawei ist wie alle chinesischen Firmen fest in der Hand des Staats, da muss sich Peking nicht wundern, wenn es böses Blut gibt, meint der Historiker Ernesto Galli della Loggia in Corriere del Ticino:

„Die Wahrheit ist, dass China, das seinen schillernden wirtschaftlichen Erfolg und sein schwindelerregendes Wachstum der Globalisierung, dem Zugang zu den Weltmärkten, verdankt, mit ziemlich gezinkten Karten gespielt hat und weiterhin spielt. Während sich die großen westlichen Staaten mehr oder weniger alle an die Regel halten, ihren nationalen Unternehmen in keiner Weise zu helfen, sieht sich Peking stattdessen befugt, zu tun, was es will. Das heißt, das zu tun, was seinen eigenen Interessen am meisten nützt.“