EU-Kommission: Kandidaten auf dem Prüfstand

Der Rechtsausschuss des EU-Parlaments prüft derzeit die von Ursula von der Leyen vorgeschlagenen Kandidaten für ihre EU-Kommission. Die Rumänin Rovana Plumb und der Ungar László Trócsányi fielen bei der Prüfung durch. Kommentatoren bewerten die Gründe für die Ablehnung.

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Ziare (RO) /

Verdächtige Tauschwirtschaft in Rumänien

Der abgelehnten rumänischen Kommissarsanwärterin Rovana Plumb hielten die EU-Abgeordneten zwei umstrittene Kredite von insgesamt fast einer Million Euro vor. Einen Kredit in Höhe von 170.000 Euro will die PSD-Politikerin noch am Wochenende zurückgezahlt haben, mit zwei Appartements. Diese Art der Schuldenbegleichung legt die Clan-Wirtschaft in Rumänien offen, meint Ziare:

„Mal angenommen, Plumb sagt die Wahrheit und hat zwei Appartements in ihr Schuldenkonto eingezahlt. Dann hätten einige Funktionäre am Wochenende diese Transaktion in die Wege leiten müssen. Schwer zu glauben, dass in einem demokratischen Staat ein Politiker so einflussreich ist, dass er eine solche Transaktion von einem auf den anderen Tag umsetzen kann. In einem gekaperten Staat aber bewahrt sich die Regierungspartei ihre Privilegien, indem sie aus den Behörden kleine Clans macht, die sie kontrolliert.“

Magyar Nemzet (HU) /

Breitseite gegen Orbán

Die EU-Abgeordneten haben László Trócsányi zum Sündenbock für Ungarns Politik unter Viktor Orbán gemacht, kritisiert Magyar Nemzet:

„Trócsányi wurde abgelehnt, weil er als ehemaliger Justizminister eine Schlüsselposition unter Premier Viktor Orbán innehatte. Er wurde stellvertretend für die Einwanderungspolitik Ungarns bestraft, die von jener Brüssels grundsätzlich abweicht, aber auch für die rechtlichen Schutzmaßnahmen gegen die Migration, die von ausländischen Printmedien und Hilfsorganisationen in den düstersten Farben dargestellt wurden. Als ehemaliger Justizminister musste Trócsányi darüber hinaus auch für die Veränderungen im ungarischen Rechtssystem büßen. ... Kurz, er musste für all jene Maßnahmen der Regierung Orbán sühnen, die in den vergangenen neun Jahren von den erlauchten Eliten in Brüssel beanstandet wurden.“

Libération (FR) /

Zu viele Ungereimtheiten

Der Rechtsausschuss des EU-Parlaments lehnte die designierten EU-Kommissare Rovana Plumb aus Rumänien und Laszlo Trócsányi aus Ungarn ab. Für weitere Kandidaten dürfte es ebenso eng werden, glaubt Jean Quatremer, Brüssel-Korrespondent von Libération:

„Nachdem Plumb über eine zumindest dubiose Affäre um einen Wahlkampfkredit und Trócsányi über seine Verbindungen zu seiner früheren Anwaltskanzlei gestürzt sind, kann man sich nur schwer vorstellen, wie [die designierte französische Kommissarin] Goulard durchkommen soll. Auch [die Kroatin] Šuica wird große Schwierigkeiten haben, zu erklären, woher ihr Vermögen von fünf Millionen Euro stammt. ... Ursula von der Leyen wird wohl keine andere Wahl haben, als die Staaten aufzufordern, ihr bessere Kandidaten zu schicken. Angesichts ihrer knappen Mehrheit, hat sie kaum Spielraum, den Abgeordneten Paroli zu bieten.“

Polityka (PL) /

Grünes Licht für polnischen Anwärter

Der in der Kritik stehende polnische Kandidat muss sich wohl keine Sorgen machen, glaubt Polityka:

„Der Rechtsausschuss Juri [des EU-Parlaments] quälte Janusz Wojciechowski ein wenig, weil er in der Finanzerklärung seine auf Kredit gekaufte Wohnung in Brüssel nicht richtig ausgewiesen hatte. Aber sie gab ihm grünes Licht. Am vergangenen Freitag kündigte Olaf, das Amt für Betrugsbekämpfung, das Ende des Verfahrens an, in dem seit 2016 die Abrechnungen des Abgeordneten geprüft wurden. Das Parlament zahlte 11.243 EUR zu viel an Wojciechowski aus, aber dieser hat den Betrag bereits zurückgezahlt. ... Wenn sowohl die EVP- als auch die S&D-Fraktion Wojciechowski unterstützen, was nicht ausgeschlossen ist, dann wird er die Abstimmung wahrscheinlich schon am Dienstag bestehen.“

Sydsvenskan (SE) /

So geht echte Kontrolle

Die penible Prüfung der designierten Kommissare ist für Sydsvenskan ein Beweis dafür, dass die Union demokratischer ist als ihr Ruf:

„Sicher handelt es sich in gewissem Maße um politisches Kräftemessen zwischen Parteigruppierungen und eine Machtdemonstration des Parlaments. Aber viel mehr ist es eine gründliche Prüfung, um sicherzustellen, dass die künftigen Kommissare die Voraussetzungen erfüllen, ihre Aufgaben ordnungsgemäß durchzuführen. Und zwar nicht im Interesse ihrer Heimatländer oder Parteien, sondern im Interesse der gesamten Union. Alles passiert auf offener Bühne und wird live im Internet übertragen. ... Der EU wird normalerweise ein Demokratiedefizit vorgeworfen. In dieser Kritik steckt viel Wahres, aber die Union ist in Bezug auf die Kontrolle durch die gewählten Abgeordneten besser als ihr Ruf.“