Warum ist Squid Game so erfolgreich?

Die Netflix-Serie Squid Game des südkoreanischen Regisseurs Hwang Dong-hyuk ist in über 90 Ländern Top eins - die erfolgreichste Serie des Streaminganbieters überhaupt. Sie handelt von Superreichen, die arme Menschen in Spielen gegeneinander antreten lassen. Wer verliert, wird hingerichtet. Dem Sieger winken viele Millionen Preisgeld. Europas Presse diskutiert den Erfolg auch im Hinblick auf Jugendschutz.

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Jornal i (PT) /

Ein Gleichnis über den Kapitalismus

Jornal i betont den lehrreichen Charakter der Reihe:

„Dieses dystopische, raue und irritierende Drama bewirkt in manchen Momenten, dass wir über Situationen beunruhigt sind, die uns in unseren alltäglichen Verhaltensweisen prägen. Und wir werden wahrscheinlich dazu gebracht, über den Weg, den wir eingeschlagen haben, und über das, was wir für uns und für unser Umfeld wollen, nachzudenken. Manche mögen sagen, dass Kinder die Serie nicht sehen sollten. Ich denke genau das Gegenteil. … Es ist eine Satire auf unsere Gesellschaft, ein Gleichnis über den Kapitalismus, den Zeitgeist und den extremen Wettbewerb, den wir jeden Tag in den verschiedensten Situationen erleben.“

El Mundo (ES) /

Jugendschutz geht über Profit

El Mundo warnt davor, dass Kinder Zugang zu der Serie haben und fordert geeignete Schutzmaßnahmen:

„Zwar haben die Streaming-Giganten verschiedene Instrumente entwickelt, um zu verhindern, dass Minderjährige auf [ungeeignete] Inhalte zugreifen, aber das ist, als würden sie Deiche im Meer errichten. ... Es muss sichergestellt werden, dass Kinder als das aufwachsen, was sie sind, nämlich Kinder. Nicht, indem man sie mit dem Rücken zur Realität erzieht, sondern mit einer Kontrolle, die es erlaubt, diese Realität entsprechend ihrer kognitiven Fähigkeiten anzupassen. ... Der Kinderschutz sollte der Prüfstein für die staatlichen Stellen, die Eltern und die Plattformen sein. Sie müssen gemeinsam über eine Regelung nachdenken, die über private Gewinne hinausgeht und die Verwundbarsten wirklich schützt.“

Birgün (TR) /

Unsere Realität ist härter

Auch in der Türkei erfreut sich Squid Game großer Beliebtheit. Erstaunlich, findet Karikaturist Serkan Altuniğne in der Zeitung Birgün:

„Ich verstehe ein bisschen, dass man in westlichen Ländern der Serie so ergeben ist. Für einen durchschnittlichen Menschen aus dem Westen wirken die Ereignisse der Serie wahrscheinlich aberwitzig, aber ich verstehe wirklich nicht, warum sie in unserem Land so viel gesehen und diskutiert wird. Als ich die Serie geschaut habe, dachte ich: 'Ey Alter, was gibt es da? Leben unsere Menschen nicht jeden Tag auf vergleichbare Weise?' ... Bring den härtesten Charakter der Serie Squid Game zu uns und er kehrt innerhalb von zwei Tagen als Lamm zurück. Er zeigt Reue und kniet nieder. Solche Serien sind nichts für uns.“

France Inter (FR) /

Von dieser Soft Power kann China nur träumen

Dass Südkorea seit der Finanzkrise in Asien Ende der 1990er Jahre massiv in seine Kulturindustrie investiert, zahlt sich nun aus, erläutert Pierre Haski, Kolumnist bei France Inter:

„So hat das Land in Bezug auf seine Größe eine relativ große Wirkung, was es zu einem Soft-Power-Giganten im Vergleich zum benachbarten China macht, das aufgrund seiner politischen Steifheit unfähig ist, in Sachen Einfluss mit dessen Kulturindustrien zu rivalisieren. ... Südkorea, das sich im Zentrum eines geopolitisch wichtigen und explosiven Gebiets befindet, hat es geschafft, ein Rezept für eine Nationalkultur zu finden, der es gelingt, zum Rest der Welt zu sprechen. Im 21. Jahrhundert ist das ein beachtlicher Vorteil.“