Rumänien: Nationalisten im Höhenflug

Die 2019 gegründete rechtsnationalistische Allianz für die Vereinigung der Rumänen (AUR) steht laut Umfragen kurz davor, zweitstärkste politische Kraft in Rumänien zu werden. Selbst wenn die Partei kein kohärentes Programm besitze, dürfe man das Wählerpotenzial keinesfalls unterschätzen, warnen Kommentatoren.

Alle Zitate öffnen/schließen
Newsweek România (RO) /

Die Rechten geben Abgehängten Hoffnung

Aus Sicht von Newsweek România wäre es gefährlich, die Partei zu unterschätzen:

„Für den Aufstieg von George Simion [Co-Vorsitzender von AUR] gibt es eine einzige Erklärung: Er ist der Einzige, der in diesem Moment einem Teil der Bevölkerung ein wenig Hoffnung gibt - einem Teil, der sich vom Staat, der Regierung, dem Parlament zurückgelassen und betrogen fühlt, der müde ist von der Pandemie und der es satt hat, im Ausland zu jobben - weit weg von der Familie. Solange auf dem politischen Parkett keine überzeugende Persönlichkeit mit demokratischen Werten auftaucht, hat Simion für [die nächste Parlamentswahl] 2024 freie Fahrt.“

Revista 22 (RO) /

Enttäuschten nach dem Mund reden

Dass AURs Diskurs auf keinem stringenten Narrativ basiert, analysiert der Historiker Mădălin Hodor in Revista 22:

„Es ist nach Ansicht der Parteiführer kein Problem, den Kommunismus im gleichen Satz zu verurteilen, in dem man Rumänien aus lauter Ceaușescu-Nostalgie als 'Land, das einst eine Großmacht war' bezeichnet. Was Simion und die anderen zur wahren Gefahr macht, ist ihr schamloser und ungezügelter Nationalismus. AUR hat absolut kein politisches Programm, sondern nur Allgemeinplätze und Slogans. Die Strategie besteht genau darin, allen das zu sagen, was sie hören wollen, und alles Mögliche zu versprechen.“

Adevărul (RO) /

Die Kirche ist die mächtigste Stütze

Einen großen Teil der AUR-Wähler wähnt Adevărul unter den Befürwortern des 2018 gescheiterten Verfassungs-Referendums gegen die Homo-Ehe:

„Dass von den 3,5 Millionen Rumänen, die beim Referendum mit 'Ja' gestimmt hatten, mindestens ein Siebtel, also eine halbe Million Wähler [bei den Parlamentswahlen 2020] AUR ihre Stimme gaben, ist wohl kein Wunder. Und sollte es ein Wunder gewesen sein, dann wurde es - wen überrascht's - von der auf Wunder spezialisierten Institution vollbracht: der Kirche. Wer ignoriert, dass die Kirche nicht der einzige, aber der mit Abstand wichtigste, mächtigste und am schwersten zu bekämpfende Faktor für das Wachstum von AUR ist, riskiert 2024 das zu erleiden, was 2020 passierte: staunend wie vor einem Wunder zu stehen und so zu verharren.“